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Interview mit Jens Kunath: Vom Biathlon zum Digital-Unternehmer

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Jens Kunath, Hamburg

Foto: Raimer Wienkowski

Jens Kunath blickt auf einen eindrucksvollen Lebensweg zurück. Von den schneebedeckten Pisten des Biathlon-Sports zum digitalen Vorzeige-Unternehmer. Im Interview mit Wirtschaft-Magazin spricht er über seine beruflichen Stationen und gibt auch ein paar private Einblicke.

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Wirtschaft-Magazin: Herr Kunath, Sie haben eine beeindruckende Reise hinter sich – von einem erfolgreichen Biathleten bis hin zu einem der führenden Internet-Unternehmer Deutschlands. Wie begann Ihre Reise?

Jens Kunath: Vielen Dank! Ja, es war ein spannender Weg. Meine Reise begann tatsächlich im Leistungssport. Ich war Biathlet und habe es sehr genossen, in dieser anspruchsvollen Sportart aktiv und erfolgreich zu sein.

Jens Kunath im Alter von 12 Jahren bei einem Biathlon Wettkampf
Jens Kunath im Alter von 12 Jahren bei einem Biathlon Wettkampf Foto: privat

Im zarten Alter von 13 Jahren wechselte ich auf ein spezialisiertes Sport-Internat. Morgens Training, mittags Schule und nachmittags nochmals Training, eine wirklich fordernde Zeit. Leider musste ich wegen gesundheitlicher Gründe aufhören, aber die Disziplin und Fokussierung, die ich im Sport gelernt habe, begleiteten mich in meine berufliche Laufbahn.

Wirtschaft-Magazin: Nach dem Biathlon folgte Ihre Ausbildung im Bereich Betriebswirtschaft. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Jens Kunath: Sport und Unternehmertum haben mehr gemeinsam, als man denkt. Beide erfordern Engagement, Willenskraft und strategisches Denken. Nach dem Ende meiner sportlichen Karriere habe ich mich auf mein Studium der Betriebswirtschaft konzentriert. Parallel dazu habe ich als 21-jähriger 1993 den CARE Verlag gegründet, mein erstes eigenes Unternehmen.

Wirtschaft-Magazin: Wie entstand die Idee für den CARE Verlag?

Jens Kunath: Der CARE Verlag war für mich eine Möglichkeit, meine Leidenschaft für Medien in die Tat umzusetzen. Zunächst haben wir Printprodukte vertrieben, aber recht schnell habe ich erkannt, dass die Zukunft im Digitalen liegt. Daher haben ich die Strategie angepasst, und das Unternehmen wuchs entsprechend mit der Digitalisierung.

Wirtschaft-Magazin: Sie waren später auch in der Fernsehbranche tätig, unter anderem bei der Kirch Gruppe. Wie prägte diese Erfahrung Ihre berufliche Entwicklung?

Jens Kunath: Die Zeit bei der Kirch Gruppe war sehr lehrreich. Ich war als Leiter Reichweitenmarketing tätig und hatte die Aufgabe, die Verbreitung des digitalen Fernsehens voranzutreiben. Das gab mir tiefere Einblicke in die Medienwelt und den Wandel hin zu digitalen Plattformen. Das Unternehmen war ein hoch finanziertes Startup, in Zeiten zu denen es in Deutschland noch keine ausgeprägte Startup-Kultur gab. So lernte ich mit großen Marketingbudgets umzugehen und die schnelle Skalierung eines Geschäftsmodells voranzutreiben. Später war ich bei der EBE Online GmbH, einem Joint Venture der Deutschen Telekom und des Süddeutschen Verlag, und das war meine erste Begegnung mit der Online-Welt. Dort haben wir den Internetzugang von privaten Haushalten zu damals sehr günstigen Preisen vorangetrieben. Aufgrund von Differenzen in der Strategie der Gesellschafter wurde ich gebeten, das Geschäft zu verkaufen. Durch diese Verkaufsgespräche lernte ich 1998 die führenden Köpfe der Telekommunikationsbranche kennen.

Wirtschaft-Magazin: Sie haben dann auch für die freenet.de AG gearbeitet, was ebenfalls ein Meilenstein war, oder?

Jens Kunath: Absolut. Ich war zunächst als Geschäftsführer für die Suchmaschine Dino Online tätig, die heute im Google-Zeitalter kaum noch jemand kennt. Diese wurde anschließend in die börsennotierte Gesellschaft freenet.de AG umgewandelt. Diese Phase war unglaublich spannend, da wir mit freenet einer der Vorreiter im deutschen Internet- und Onlinewerbemarkt waren. Ein solches Unternehmen beim Börsengang an den Neuen Markt zu begleiten, war eine lehrreiche Erfahrung.

Wirtschaft-Magazin: Wie kam es dann zur Gründung von orangemedia.de?

Jens Kunath: Nach dem erfolgreichen Börsengang der freenet.de AG gründete ich gemeinsam mit Dirk Ströer die orangemedia.de. Ich wollte wieder mehr unternehmerisch tätig sein. Wir haben digitale Werbeflächen vermarktet, und es lief von Anfang an sehr gut. Wir erkannten, dass die Zukunft der Werbung im Digitalen lag, und bauten das Unternehmen schnell auf. Später verkauften wir es erfolgreich, und das war für mich der richtige Moment, eine Pause einzulegen.

Wirtschaft-Magazin: Sie haben dann eine Weltreise unternommen. Was hat Sie dazu bewogen?

Jens Kunath: Nach all den Jahren intensiver Arbeit wollte ich die Welt sehen. Es war eine Zeit, um neue Eindrücke zu sammeln und meine Perspektiven zu erweitern. Ich bereiste 52 Länder und lernte verschiedene Kulturen kennen, was mich persönlich und beruflich bereicherte.

Wirtschaft-Magazin: Insbesondere Asien faszinierte Sie damals und Sie wurden dort auch geschäftlich aktiv.

Jens Kunath: Das stimmt. Vor allem mein Aufenthalt in China inspirierte mich sehr. Als ich dort einen Freund besuchte, der in Shenzhen CD-Player für Media Markt produzierte, kamen mir unzählige Geschäftsideen. So gründete ich mit der Asia One Group ein Unternehmen, welches für den deutschen Markt Produkte in China produzieren ließ und nach Deutschland importierte. Mit Kunst-Outlet gründete ich darüber hinaus ein Unternehmen, welches in Shenzhen (China) preiswerte Originalgemälde malen ließ und anschließend in Deutschland in den sogenannten Kunst-Outlets verkaufte.

„Wenn man einen Eindruck von der Zukunft haben möchte, sollte man Metropolen wie Shanghai oder Peking besuchen.“

 

Wirtschaft-Magazin: Diese Unternehmen in China besitzen Sie aber nicht mehr, richtig?

Jens Kunath: Nein, die erste Firmengründung in China ist nun mehr als 20 Jahre her und die Unternehmen habe ich längst verkauft. Der Im- und Export war zwar finanziell sehr attraktiv, aber war für mich keine erfüllende Aufgabe. Die Leidenschaft für Asien hat aber nie nachgelassen. Erst kürzlich war ich mit meinem 18 jährigen Sohn auf einer Rundreise in China. Abgesehen von den politischen Herausforderungen des Landes, hat uns aber die Moderne der Großstädte begeistert. Wenn man einen Eindruck von der Zukunft haben möchte, sollte man Metropolen wie Shanghai oder Peking besuchen. Die chinesischen Automobilhersteller haben dort in Zahlen und Technologie die deutschen Anbieter verdrängt. Hochgeschwindigkeitszüge, auf die Minute pünktlich, verbinden die Metropolen und mobile Apps haben in allen Lebensbereichen Einzug gehalten.

Wirtschaft-Magazin: Sie waren auch als Business Angel aktiv. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Jens Kunath: Als Business Angel habe ich in über 50 Start-ups investiert und viele junge Unternehmer unterstützt. Es war großartig, diese Ideen wachsen zu sehen und sie in ihrer Entwicklung zu begleiten. Heute bin ich allerdings aus dieser Rolle herausgetreten, um mich auf meine eigenen Projekte zu konzentrieren.

Wirtschaft-Magazin: Sie sind immer noch sehr aktiv mit orangemedia.de und weiteren Tochterunternehmen. Was sind derzeit Ihre Hauptschwerpunkte?

Jens Kunath: Ja, orangemedia.de ist nach wie vor ein großer Teil meiner beruflichen Aktivitäten. Die Firma hat sich zu einer Gruppe mit mehreren Tochterunternehmen entwickelt, die im Bereich Online-Marketing, PR und Content-Marketing tätig sind. Wir haben advertorial.de, das Marktführer im Bereich redaktionelle Advertorials ist, sowie die Ad2.0 Internet-Agentur, die Online-Marketing für kleine und mittelständische Unternehmen anbietet. Mit der Deutschen Datenschutz Consult GmbH betreibe ich darüberhinaus ein Unternehmen, welches Datenschutz und die Cyber-Security für mittelständische Unternehmen anbietet. Mein Fokus liegt darauf, diese Unternehmen weiter auszubauen.

Jens Kunath im Waisenhaus House of Grace in der Nähe von Stellenbosch, Südafrika Foto: privat

Wirtschaft-Magazin: Abseits der Arbeit sind Sie auch sozial engagiert, besonders in Südafrika. Können Sie uns mehr darüber erzählen?

Jens Kunath: Ja, mein Herz schlägt auch für wohltätige Projekte. In Südafrika unterstütze ich mehrere Waisenhäuser und helfe dabei, Kindern Zugang zu Bildung durch Computer und Internet zu ermöglichen. Es ist für mich wichtig, etwas zurückzugeben und Menschen zu unterstützen, die nicht das gleiche Glück hatten wie ich.

Wirtschaft-Magazin: Wie schaffen Sie es, eine Balance zwischen Ihrem beruflichen und privaten Leben zu finden?

Jens Kunath: Das ist nicht immer leicht, aber ich versuche, bewusst Zeit mit meiner Familie zu verbringen und auch Raum für meine Leidenschaften zu lassen, wie das Reisen. Meine Kinder sind mir sehr wichtig, und ich möchte sie in ihrer Entwicklung begleiten. Gleichzeitig bin ich immer offen für neue unternehmerische Ideen und Projekte, die mich inspirieren.

Wirtschaft-Magazin: Was steht als nächstes für Jens Kunath an?

Jens Kunath: Ich werde mich weiterhin auf die orangemedia-Gruppe konzentrieren, aber auch immer nach neuen Möglichkeiten Ausschau halten. Die digitale Welt entwickelt sich ständig weiter, und ich bin gespannt, welche neuen Chancen sich ergeben werden. Der gesamte Werbemarkt befindet sich erneut im Umbruch. Nach der Digitalisierung der Werbung kommt jetzt die nächste Herausforderung: Künstliche Intelligenz. Ich bin von den kommenden Möglichkeiten fasziniert und hoffe noch lange in diesem Bereich unternehmerisch tätig sein zu können.

Wirtschaft-Magazin: Was raten Sie jungen Menschen, die gerade am Anfang ihrer beruflichen Karriere stehen?

Jens Kunath: Mein Sohn ist gerade 18 Jahre alt geworden und steht kurz vor dem Abschluss des Abiturs. Ich habe mit ihm viel über seinen weiteren Lebensweg gesprochen. Meine Ratschlag ist: Konzentriere Dich auf die Schule, damit Du mit guten Noten bessere Chancen auf einen Studienplatz an einer Top-Uni hast. Deutschland ist nicht mehr der Nabel der Wirtschaftswelt. Wenn ich noch einmal 18 Jahre wäre, würde ich ein Studium an einer englischsprachigen Universität wählen. Denn im Ausland bieten sich künftig bessere Berufschancen, als in Deutschland. Und für mich wäre ein Studiengang der wirtschaftliches Wissen mit AI kombiniert die Wahl. AI wird in den nächsten Jahren alles verändern, was wir bisher kennen und die Veränderung wird noch viel größer sein, als es durch die Einführung des Internets zur Jahrtausendwende der Fall war.

„Wir müssen aufpassen, dass Europa nicht zum Museum für Touristen verkümmert.“

Wirtschaft-Magazin: Ich höre heraus, dass Sie nicht so optimistisch für den Standort Deutschland sind?

Jens Kunath: Wir haben in der Tat große Probleme vor uns. Unser Standbein die Automobilindustrie und der damit verbundene Mittelstand stehen vor großen Herausforderungen. Es wird massive Verwerfungen im Mittelstand geben. Gleichzeitig spüre ich eine gewisse Sättigung in der Bevölkerung. In vielen anderen Ländern sind die jungen Menschen viel wissbegieriger und ambitionierter als in Deutschland und insgesamt in Europa. Wir müssen aufpassen, dass Europa nicht zum Museum für Touristen verkümmert. Aber ich bin optimistisch. Wenn wir es schaffen, wieder eine Aufbruchstimmung zu erzeugen, haben wir die Ressourcen, um wieder den Takt bei der Wirtschaftsentwicklung mitzugestalten.

Wirtschaft-Magazin: Vielen Dank, Herr Kunath, für dieses inspirierende Gespräch!

Jens Kunath: Sehr gerne!

 

Disclaimer: Jens Kunath ist Geschäftsführer und Gesellschafter der CARE Verlag GmbH, welche unter anderem auch das Wirtschaft-Magazin verlegt.

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