Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz hat der deutsche Gesetzgeber die Hinweisgeberrichtlinie der EU umgesetzt. Welche Pflichten damit für Unternehmen einhergehen.
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Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz hat der deutsche Gesetzgeber die Hinweisgeberrichtlinie der EU umgesetzt. Diese Richtlinie beabsichtigt, einen besseren Schutz von Hinweisgebern zu erreichen, damit Missstände in Unternehmen schneller aufgedeckt und beseitigt werden können. Unternehmen sollen über die Einführung einer Meldeinfrastruktur selbst befähigt werden, schadhafte Vorgänge zu entdecken und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Dabei sind die Mitarbeiter von Unternehmen typischerweise die ersten, die solche Umstände entdecken. Hinweisgeber übernehmen Verantwortung für die Gesellschaft und verdienen daher entsprechenden Schutz.
Unternehmen müssen laut Hinweisgeberschutzgesetz eine interne Meldestelle einrichten
Das Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen, eine sogenannte „interne Meldestelle“ einzurichten, an die sich Hinweisgeber vertrauensvoll wenden können. Die „interne Meldestelle“ kann auch von einem externen Dienstleister gestellt werden, auch dann handelt es sich trotz „externem Dienstleister“ weiterhin um eine „interne Meldestelle“, da es sich bei dem Meldekanal weiterhin um einen Prozess handelt, der vom Unternehmen selbst verantwortet wird. Hauptziel der internen Meldestelle ist es, der Meldung so nachzugehen, dass Missstände beseitigt werden können, ohne dass daraus irgendwelche negativen Konsequenzen für den Hinweisgeber entstehen. Die Wahrung der Anonymität des Hinweisgebers ist daher ebenso essenziell wie die Vermeidung von Interessenkonflikten.
Beide Aspekte (Anonymität und Interessenkonflikte) können Arbeitgeber aber vor schwierige Herausforderungen stellen, wenn sie die interne Meldestelle durch eigene Mitarbeiter bereitstellen möchten. Hier gilt es dann nicht nur, eine isolierbare IT-Infrastruktur für die Bearbeitung eingehender Meldungen zu schaffen, sondern auch Maßnahmen zu treffen, die wirksam verhindern, dass Mitarbeiter Meldungen bearbeiten, bei denen sie selbst an dem zugrundeliegenden Sachverhalt beteiligt sind. Das gelingt nur über die Beauftragung mehrerer Mitarbeiter zur Bearbeitung von eingehenden Meldungen samt Zuweisungsmechanismus, der im Fall eines Interessenkonflikts unter Wahrung der Vertraulichkeit die Meldung nur dem nicht am Sachverhalt beteiligten Mitarbeiter der Meldestelle zugänglich macht. Zugleich müssen alle Mitarbeiter, die Meldungen nach dem HinSchG entgegennehmen, hinreichend geschult werden. Schließlich sind mit der Übernahme der Bearbeitungen von Meldungen als interne Meldestelle auch Vertraulichkeitsverpflichtungen verbunden, die persönliche Haftungen der Mitarbeiter auslösen können.
Die Vorteile eines Meldekanals über einen externen Dienstleister
Für viele Unternehmen kann es daher eine attraktive Lösung sein, sich für den Betrieb einer internen Meldestelle an einen externen Dienstleister zu wenden. Damit lassen sich mit einem Schlag zahlreiche Probleme adressieren: So bieten viele Dienstleister einen Meldekanal an, der über eine vom Dienstleister (oder Unterauftragnehmern) bereitgestellte Software läuft. Damit ist der Meldekanal von vornherein aus der internen IT-Infrastruktur des Unternehmens ausgegliedert und damit auch nicht einmal für Systemadministratoren des Beschäftigungsgebers zugänglich, die potenziell einem Interessenkonflikt unterliegen. Zum anderen bearbeiten dann Mitarbeiter des externen Dienstleisters eingehende Meldungen, die eben nicht Teil der Belegschaft oder anderer Geschäftsprozesse sind und damit ebenfalls nicht oder nur in schon etwas konstruiert wirkenden, theoretisch denkbaren Fällen in einem Interessenkonflikt zum Inhalt der Meldung stehen können. Gleichzeitig muss der Beschäftigungsgeber die Mitarbeiter der externen Meldestelle nicht fachlich schulen, die fachliche Qualifikation der Sachbearbeiter muss vom externen Dienstleister sichergestellt werden. Es müssen für die Bearbeitung der Meldungen auch keine dedizierten zeitlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Und nicht zuletzt dürften Hinweisgeber sich häufig im Konflikt mit dem Unternehmen sehen. Da wird einer Meldestelle, die von einem externen Dienstleister betrieben wird, oft mehr Vertrauen entgegengebracht als Kollegen, die vom Unternehmen zur Entgegennahme von Meldungen beauftragt wurden, aber als Teil der Belegschaft kollegial mit den übrigen Beschäftigten verbunden sind.
Welche Unternehmen müssen jetzt handeln?
Die Pflicht zur Bereitstellung einer internen Meldestelle besteht für Unternehmen mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten. Daneben sieht das Gesetz diese Pflicht auch unabhängig von der Mitarbeiterzahl für einige Unternehmenstypen aus dem Finanz- und Versicherungssektor vor (zum Beispiel Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Börsenträger oder Kapitalverwaltungsgesellschaften). Die Übergangsregelung für private Unternehmen mit unter 250 Mitarbeitern ist im Dezember 2023 ausgelaufen.
Unternehmen mit in der Regel 50 mindestens Beschäftigten sollten, wenn noch nicht geschehen, nun umgehend einen Meldekanal nach dem HinSchG einrichten.