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Wirecard: Schadenersatz gegen EY doch möglich

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Peter Kneffel/dpa

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Im Wirecard <DE0007472060>-Skandal können frustrierte Anleger nach ihren immensen Kursverlusten nun doch auf Schadenersatzklagen gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY hoffen. Diese hatte die falschen Bilanzen des ehemaligen Dax <DE0008469008>-Konzerns testiert. Das Münchner Oberlandesgericht machte am Donnerstag in einem vorläufigen Hinweis gravierende Zweifel an den Gerichtsentscheidungen der ersten Instanz publik. Dabei hatte das Münchner Landgericht Klagen gegen EY ohne weitere Beweisaufnahme abgewiesen. Laut OLG hätte das Landgericht – analog zum Dieselskandal – sehr viel genauer prüfen müssen, ob EY vorsätzlich sittenwidrig handelte.

Der vorläufige Hinweis bedeutet nicht, dass das OLG die Wirtschaftsprüfer von EY in jedem Fall für mitverantwortlich hält, oder dass ein Erfolg der Klagen gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nun garantiert wäre. Allerdings machte der 8. Zivilsenat des OLG sehr deutlich, dass das Landgericht sich nach seiner Einschätzung viel zu oberflächlich mit dem Fall befasst hat.

Insbesondere rüffelt der Senat, dass es dem Landgericht wohl an „eigener Sachkunde“ fehle, um die in einem Gutachten der Prüfungsgesellschaft KPMG erhobenen Vorwürfe gegen EY zu beurteilen. Dafür wäre laut OLG ein Sachverständigen-Gutachten angebracht gewesen.

Darüber hinaus hält das OLG dem Landgericht vor, den Bericht des Wirecard-Untersuchungsausschusses im Bundestag ignoriert zu haben, und zwar „gehörswidrig“ zum Nachteil der klagenden Anleger. Das OLG empfahl dem Landgericht, ein Musterverfahren zu eröffnen. Als Option erwägt das OLG demnach aber auch, das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen, um die bislang fehlende umfangreiche Beweisaufnahme nachzuholen.

Wirecard hatte im Juni 2020 zuerst erfundene Buchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt und wenig später Insolvenz angemeldet. EY hatte die Bilanzen des Unternehmens zuvor über Jahre geprüft und testiert, ohne den mutmaßlichen Betrug zu entdecken. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Vorstand wie eine kriminelle Bande agierte und die Bilanzen jahrelang bewusst fälschte, um Bankkredite und Investorengelder zu erschleichen. Der frühere Vorstandschef Markus Braun sitzt seit fast eineinhalb Jahren in Untersuchungshaft.

Für die Aktionäre bedeutete die Wirecard-Pleite immense Verluste in zweistelliger Milliardenhöhe. Deswegen sind beim Münchner Landgericht Hunderte von Schadenersatzklagen gegen EY eingegangen, die bislang abgewiesen wurden.

Das Landgericht sah in mehreren Entscheidung keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen den EY-Testaten und den Verlusten der Anleger, beziehungsweise keine Pflichtverletzung der Prüfer. Das OLG jedoch meldet an dieser Sicht der Dinge große Bedenken an: Nach Einschätzung des Senats hätte eine frühere Verweigerung des Testats durch EY auch einen früheren Insolvenzantrag der Wirecard AG zur Folge gehabt. Ausgehend davon spräche dann „wohl die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass die Anleger die streitgegenständlichen Aktienkäufe in Kenntnis dessen nicht getätigt hätten“, hieß es in der Mitteilung des OLG.

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