Ugur Sahin, geboren am 19. September 1965 in İskenderun, Türkei, ist ein deutscher Mediziner und Unternehmer, der maßgeblich an der Entwicklung eines der ersten COVID-19-Impfstoffe beteiligt war.
Vom Labor an die Weltspitze: Wie Ugur Sahin die Medizin
revolutionierte

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Frühes Leben und Ausbildung
Im Alter von vier Jahren zog Ugur Sahin mit seiner Mutter nach Deutschland, um seinen Vater zu begleiten, der in den Ford-Werken in Köln arbeitete. Schon früh zeigte er Interesse an Wissenschaft und las populärwissenschaftliche Bücher aus der örtlichen Kirchenbibliothek. Trotz anfänglicher Hürden im Bildungssystem absolvierte er 1984 als erster Schüler mit türkischem Migrationshintergrund das Abitur am Erich Kästner-Gymnasium in Köln-Niehl.
Von 1984 bis 1992 studierte Sahin Medizin an der Universität zu Köln. Seine Promotion schloss er 1992 mit einer Arbeit zur Immuntherapie von Tumorzellen ab, die mit „summa cum laude“ bewertet wurde. Parallel dazu begann er ein Mathematikstudium an der Fernuniversität Hagen.
Berufliche Laufbahn und wissenschaftliche Beiträge
Nach seiner Promotion folgte Sahin seinem Doktorvater Michael Pfreundschuh an die Universität des Saarlandes, wo er bis 2000 in der Inneren Medizin sowie Hämatologie und Onkologie tätig war. Während dieser Zeit lernte er seine spätere Ehefrau und wissenschaftliche Partnerin Özlem Türeci kennen. Gemeinsam widmeten sie sich der Erforschung von Immuntherapien gegen Krebs.
Im Jahr 2000 wechselte Sahin an die Universitätsmedizin Mainz, wo er eine Nachwuchsgruppe im Sonderforschungsbereich leitete und 2006 zum Associate Professor für experimentelle Onkologie ernannt wurde. Seine Forschung konzentrierte sich auf die Entwicklung von Immuntherapien, insbesondere auf mRNA-basierte Ansätze zur Behandlung von Krebserkrankungen.
Ugur Sahins unternehmerische Anfänge
Gemeinsam mit seiner späteren Frau Özlem Türeci gründete Sahin 2001 das Unternehmen Ganymed Pharmaceuticals, das sich auf die Entwicklung von Antikörpertherapien gegen Krebs spezialisierte. 2008 folgte die Gründung von BioNTech mit Özlem Türeci und Christoph Huber, mit dem Ziel, personalisierte Krebsimmuntherapien zu entwickeln.
BioNTech: ein Vorreiter der mRNA-Technologie
BioNTech SE (Biopharmaceutical New Technologies) ist ein deutsches Biotechnologieunternehmen mit Sitz in Mainz, das sich auf die Entwicklung innovativer Immuntherapien für Krebs und Infektionskrankheiten spezialisiert hat und maßgeschneiderte, patientenspezifische Behandlungen auf Basis der mRNA-Technologie entwickelt.
BioNTech etablierte sich schnell als Vorreiter auf diesem Gebiet und arbeitete an neuartigen Impfstoff- und Therapieplattformen für verschiedene Krankheiten.
Entwicklung des COVID-19-Impfstoffs
Mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie Anfang 2020 erkannte Sahin das Potenzial der mRNA-Technologie zur schnellen Entwicklung eines Impfstoffs. Der internationale Durchbruch gelang mit der Entwicklung des weltweit ersten zugelassenen mRNA-Impfstoffs gegen COVID-19 (BNT162b2), der in Kooperation mit dem Pharmakonzern Pfizer entstand. Der Impfstoff, bekannt unter dem Handelsnamen Comirnaty, erhielt Ende 2020 in mehreren Ländern Notfallzulassungen und wurde zu einem der wichtigsten Instrumente im globalen Kampf gegen die Pandemie.
Seitdem hat BioNTech seine Forschungsaktivitäten erweitert und arbeitet an mRNA-basierten Krebsimmuntherapien, Impfstoffen gegen weitere Infektionskrankheiten wie Malaria und Tuberkulose sowie an Innovationen in der Zell- und Gentherapie. Das Unternehmen ist seit 2019 an der US-Technologiebörse Nasdaq notiert und zählt mit einer Mitarbeiterzahl von 6.133 und einem Umsatz von 3,82 Milliarden Euro zu einem (Stand 2023) der bedeutendsten Akteure in der modernen Biotechnologie.
Im Dezember 2024 hielt Ugur Sahin 17,25 Prozent der Anteile an BioNTech. Sein Vermögen wird auf über 4,6 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Kritik: Blockade der COVID-Impfstoffentwicklung in Afrika
Im Februar 2022 berichtete das Fachmagazin British Medical Journal, dass BioNTech über die in ihrem Auftrag tätige Lobbyorganisation KENUP versucht habe, die Entwicklung eines mRNA-basierten COVID-19-Impfstoffs in Afrika durch den WHO-Global-Hub zu behindern. Stattdessen soll KENUP laut dem Bericht für den Einsatz von BioNTechs mobilen Impfstofffabriken in Seecontainern geworben haben. Zusätzlich wurde ein alternatives Zulassungsverfahren vorgeschlagen, das unter anderem eine Umgehung afrikanischer Behörden vorgesehen hätte. Kritiker stuften diesen Ansatz als „paternalistisch“ ein.
Persönliches Leben
Ugur Sahin und Özlem Türeci sind seit 2002 verheiratet und haben eine Tochter. Trotz ihres Erfolges führen sie ein recht zurückgezogenes Leben und sind bekannt für ihre Bescheidenheit. Ihre gemeinsame Leidenschaft für die Wissenschaft und ihr Engagement für die Verbesserung der menschlichen Gesundheit stehen im Mittelpunkt ihres Schaffens.
Ugur Sahin: vom Gastarbeiterkind zum Pionier der Impfstoffentwicklung
Ugur Sahins Weg vom Kind türkischer Gastarbeiter zum weltweit anerkannten Wissenschaftler und Unternehmer ist ein beeindruckendes Beispiel für Integration, Hingabe und wissenschaftliche Exzellenz. Seine Arbeiten haben nicht nur die Krebsforschung vorangetrieben, sondern auch maßgeblich zur Bewältigung einer der größten Gesundheitskrisen unserer Zeit beigetragen.