Dr. Simone Bagel-Trah ist eine der einflussreichsten Unternehmerinnen Deutschlands und prägt als Vorsitzende des Aufsichtsrats und des Gesellschafterausschusses die strategische Ausrichtung des Henkel-Konzerns.

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Als Ururenkelin des Firmengründers Fritz Henkel steht sie in der fünften Generation an der Spitze des Familienunternehmens. Ihr Weg dorthin war geprägt von wissenschaftlicher Neugier, unternehmerischem Weitblick und gesellschaftlichem Engagement.
Kindheit und Ausbildung
Simone Bagel-Trah wurde am 10. Januar 1969 in Düsseldorf geboren. Nach der Scheidung ihrer Eltern wuchs sie gemeinsam mit ihrer Schwester bei ihrer Mutter, einer promovierten Volkswirtin, auf. 1988 legte sie ihr Abitur am Max-Planck-Gymnasium in Düsseldorf ab und begann anschließend ein Biologiestudium an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. 1998 promovierte sie in Mikrobiologie.
Wissenschaftliche und unternehmerische Karriere von Simone Bagel-Trah
Nach ihrer Promotion wandte sich Simone Bagel-Trah zunächst nicht sofort dem Familienunternehmen Henkel zu, sondern entschied sich für einen eigenständigen, wissenschaftlich fundierten unternehmerischen Weg. Gemeinsam mit weiteren Fachleuten aus dem biomedizinischen Umfeld gründete sie das Biotechnologieunternehmen Antiinfectives Intelligence GmbH mit Sitz in Rheinbach bei Bonn. Das Unternehmen spezialisierte sich auf die Analyse und Bewertung antimikrobieller Wirkstoffe sowie die Entwicklung von Strategien im Umgang mit multiresistenten Krankheitserregern – ein hochaktuelles Feld im Kontext zunehmender globaler Antibiotikaresistenzen.
Die Firma entwickelte wissenschaftlich fundierte Bewertungsmethoden für die Effektivität und Resistenzlage von Antiinfektiva und positionierte sich damit als kompetenter Partner für die pharmazeutische Industrie, Krankenhäuser und Forschungsinstitute. Ihre Arbeit zielte darauf ab, praxisrelevante Erkenntnisse über den therapeutischen Einsatz von Antibiotika zu gewinnen und wissenschaftlich robuste Entscheidungsgrundlagen für die klinische Anwendung zu schaffen.
Diese Gründung war mehr als nur ein wissenschaftliches Projekt – sie bedeutete für Bagel-Trah den Aufbau eines eigenverantwortlich geführten Unternehmens in einem stark regulierten, forschungsintensiven Umfeld. Sie übernahm dabei sowohl operative Verantwortung als Geschäftsführerin als auch strategische Entscheidungen zur Ausrichtung und Positionierung der Firma. Ihre Tätigkeit in einem jungen Unternehmen außerhalb der Strukturen von Henkel ermöglichte ihr, unternehmerische Risiken selbst zu tragen und die Dynamik eines kleinen, agilen Betriebs kennenzulernen.
Diese Jahre beeinflussten nachhaltig ihren Führungsstil, der von einem ausgeprägten Wissenschaftsverständnis, einer analytischen Herangehensweise und gleichzeitig unternehmerischer Entscheidungsfreude geprägt ist. Sie lernte, wie wichtig interdisziplinäre Zusammenarbeit, schnelle Innovationszyklen und flache Hierarchien in technologieorientierten Branchen sind – Erfahrungen, die sie später in ihre Rolle bei Henkel einbrachte. So entwickelte sich bei ihr früh ein Bewusstsein dafür, dass nachhaltige Innovation nicht nur aus der Forschung, sondern vor allem auch aus einem fruchtbaren Zusammenspiel von Wissenschaft, Marktbeobachtung und mutiger Umsetzung entsteht.
Zugleich erwies sich diese Gründung als entscheidender Schritt zur eigenen Profilbildung, der sie bewusst von der langen Schattenlinie der Familiengeschichte abgrenzte. Bevor sie eine verantwortliche Position im traditionsreichen Familienunternehmen übernahm, wollte sie beweisen, dass sie unabhängig von familiären Strukturen unternehmerischen Erfolg erzielen kann. Dieser eigenständige Weg verlieh ihr nicht nur fachliche Glaubwürdigkeit, sondern auch die nötige persönliche Reife, um später als Aufsichtsratsvorsitzende mit Augenmaß und Expertise agieren zu können.
Einstieg bei Henkel
2001 trat Simone Bagel-Trah in den Aufsichtsrat der Henkel AG & Co. KGaA ein. 2005 wurde sie Mitglied des Gesellschafterausschusses. Seit September 2009 ist sie Vorsitzende beider Gremien und damit die erste Frau an der Spitze eines DAX-30-Unternehmens. In ihrer Rolle verbindet sie erfolgreich die Interessen der Familie mit den Anforderungen eines global agierenden Konzerns.
Rolle im Unternehmen und strategische Ausrichtung
Als Vorsitzende des Aufsichtsrats und des Gesellschafterausschusses der Henkel AG & Co. KGaA bekleidet Simone Bagel-Trah zwei zentrale Führungsfunktionen in der Unternehmensstruktur des weltweit tätigen Konsumgüter- und Industriekonzerns. Ihre Rolle ist dabei nicht operativ, sondern strategisch und kontrollierend – sie wacht gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern dieser Gremien über die langfristige Ausrichtung, berät den Vorstand und stellt sicher, dass Unternehmensentscheidungen im Einklang mit den Interessen der Eigentümerfamilie, der Mitarbeiter und weiterer Stakeholder stehen.
Besonders prägend ist ihr Wirken durch die Balance, die sie zwischen Familientradition und zukunftsorientierter Modernisierung wahrt. Als Repräsentantin der fünften Generation der Unternehmerfamilie Henkel steht sie für Kontinuität und Verantwortung – zugleich aber treibt sie gezielt Transformationsprozesse voran, um das Unternehmen auf die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte vorzubereiten.
Ein zentrales Anliegen ihrer Aufsichtstätigkeit ist die Förderung einer wertebasierten Unternehmenskultur, in der Vertrauen, Verantwortung, Vielfalt und Integrität gelebt werden. Sie legt großen Wert auf eine klare, langfristige Orientierung und betont immer wieder, dass wirtschaftlicher Erfolg nur dann Bestand habe, wenn er ökologisch und sozial verantwortungsvoll erwirtschaftet werde. Diese Haltung zeigt sich etwa im erklärten Unternehmensziel, bis 2030 den „Faktor 3“ zu erreichen – also den geschaffenen Wert im Verhältnis zum ökologischen Fußabdruck zu verdreifachen. Dies bedeutet, dass Henkel entweder seine Umweltauswirkungen um zwei Drittel reduziert oder die Leistung bei gleichem ökologischen Aufwand verdreifacht.
Darüber hinaus spielt Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung und Lieferkette eine Schlüsselrolle: Unter Bagel-Trahs Ägide hat Henkel eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie formuliert, die in allen drei Geschäftsbereichen – „Adhesive Technologies“, „Beauty Care“ und „Laundry & Home Care“ – konkrete Ziele setzt. Der Ausbau recycelbarer Verpackungen, die Entwicklung ressourcenschonender Rezepturen und die Implementierung klimafreundlicher Produktionsprozesse sind unmittelbare Folgen dieses Anspruchs.
Gleichzeitig ist sie eine Verfechterin der Digitalisierung als Transformationsmotor. Aufsicht und Gesellschafterkreis haben unter ihrer Mitwirkung Investitionen in digitale Prozesse, Automatisierung und datenbasierte Geschäftsmodelle unterstützt. Dies betrifft sowohl die Produktionsseite als auch den Vertrieb, insbesondere den E-Commerce-Bereich, der in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut wurde. Die Digitalisierung soll nicht nur Effizienz steigern, sondern auch Innovation beschleunigen, etwa durch schnellere Markteinführungen neuer Produkte oder bessere Kundenanalytik.
Ein weiteres ihrer strategischen Leitmotive ist die Förderung von Diversität und Führungskultur. Sie selbst dient als Vorbild für weibliche Führung und hat sich öffentlich mehrfach für eine höhere Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen stark gemacht. Auch international setzt Henkel unter ihrer Mitwirkung stärker auf inklusive Führung und kulturelle Vielfalt als strategischen Vorteil in globalisierten Märkten.
Bagel-Trah steht dabei nicht nur symbolisch für die Verbindung von familienunternehmerischem Ethos und unternehmerischer Weitsicht, sondern gestaltet diesen Anspruch aktiv mit. In Interviews betont sie regelmäßig die Bedeutung eines „verantwortungsvollen Kapitalismus“, in dem wirtschaftlicher Erfolg nicht auf kurzfristige Börsenorientierung reduziert wird, sondern auf langfristige Stabilität, Innovationskraft und gesellschaftliche Wirkung zielt.
Unter ihrer strategischen Leitung hat Henkel seine Marktstellung ausgebaut, zahlreiche Akquisitionen vorgenommen und Innovationen in Bereichen wie grüne Chemie, Hightech-Klebstoffe und digitale Kundenservices vorangetrieben. Auch in der Unternehmenskommunikation und im Purpose-Profil hat Henkel eine neue Klarheit und Positionierung gefunden – als „Enabler“ einer nachhaltigeren und digitaleren Konsumwelt.
Gesellschaftliches Engagement
Bagel-Trah engagiert sich in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft und Schirmherrin der Henkel-Forscherwelt, einer internationalen Bildungsinitiative, die Kinder für Naturwissenschaften begeistern soll. Seit 2021 ist sie zudem Schirmherrin des Kinderschutzbunds Düsseldorf.
Familiäre Verhältnisse und Vermögen
Simone Bagel-Trah ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie lebt mit ihrer Familie in Düsseldorf. Das Vermögen der Familie Henkel wird auf rund 24,6 Milliarden Euro geschätzt, wobei Bagel-Trah als eine der Hauptanteilseignerinnen gilt.
Unternehmensgeschichte von Henkel
Henkel wurde 1876 von Fritz Henkel in Aachen gegründet. Das erste Produkt war ein Pulverwaschmittel auf Basis von Wasserglas. 1878 verlegte das Unternehmen seinen Sitz nach Düsseldorf, wo es bis heute ansässig ist. Henkel entwickelte sich zu einem globalen Konzern mit Marken wie Persil, Schwarzkopf und Loctite. Heute beschäftigt Henkel weltweit rund 47.000 Mitarbeiter und erzielte im Geschäftsjahr 2024 einen Umsatz von 21,6 Milliarden Euro.
Fazit
Dr. Simone Bagel-Trah verkörpert die Verbindung von Tradition und Moderne. Mit wissenschaftlichem Hintergrund, unternehmerischem Geschick und gesellschaftlichem Engagement führt sie Henkel in eine nachhaltige und innovative Zukunft. Ihr Wirken zeigt, wie Familienunternehmen erfolgreich über Generationen hinweg bestehen können.