Er ist Papierhändler, Stadionbauer, Klub-Eigner und Stifter: Robert K. Kraft hat die New England Patriots zu einer globalen Marke geformt und parallel ein diversifiziertes Unternehmensgeflecht aufgebaut.

Robert Kraft © picture alliance / abaca
Robert Kraft: Frühstarter aus Brookline
Robert Kraft wächst in Brookline, Massachusetts, auf, besucht öffentliche Schulen und ergattert ein Leistungsstipendium an der Columbia University in New York. 1963 schließt er das College ab, es folgt ein Stipendium für die Harvard Business School, wo er 1965 den MBA erhält. Diese Doppelprägung – Ivy-League-Ehrgeiz und Harvard-Betriebswirtschaft – wird später sein Markenzeichen als Investor und Verhandler.
Das Papiergeschäft als Sprungbrett
Seine Karriere beginnt Mitte der 1960er bei Rand‑Whitney, einem Verpackungsunternehmen, das er später übernimmt. 1972 gründet er International Forest Products (IFP), einen heute weltweit aktiven Handelskonzern für Papier, Zellstoff und Holzprodukte. Aus diesen Wurzeln entsteht The Kraft Group, eine private Holding mit Sparten in Papier und Verpackung, Sport und Entertainment, Immobilien und Beteiligungen. Aggregiert würde der Papier‑/Verpackungsarm – Rand‑Whitney, IFP, New‑Indy und andere – „zu den Top‑5“ der US‑Branche zählen; die Gruppe recycelt nach eigenen Angaben jährlich 1,5 Millionen Tonnen Material.
Foxborough als Lebensprojekt
Der Weg zum NFL‑Eigner beginnt unorthodox: 1985 sichert sich Kraft Land rund um das alte Stadion in Foxborough; 1988 kauft er die Arena aus der Insolvenz. Als sich 1994 die Chance bietet, schlägt er zu: 172 Millionen Dollar für die New England Patriots, damals ein Rekordpreis. Aus dem Standort‑Hebel wird eine Strategie: Er baut das Gillette Stadium (Eröffnung 2002), entwickelt das Areal weiter zum Patriot Place und führt den Klub in 31 Saisons zu sechs Super‑Bowl‑Titeln, zehn Super‑Bowl‑Teilnahmen und der höchsten Siegquote im Profisport jener Ära.
Robert Krafts Vermögen: die aktuelle Größenordnung
Krafts Privatvermögen wird 2025 von Forbes auf rund 11,8 Milliarden US‑Dollar taxiert. Den Wert der Patriots selbst beziffert Forbes inzwischen auf etwa 7,4 Milliarden US‑Dollar, mehr als das 43‑fache des Kaufpreises von 1994. In der Rangliste der Milliardäre taucht Kraft regelmäßig unter den Spitzenpositionen auf.
Familie und Privatleben
Kraft war fast ein halbes Jahrhundert mit Myra Hiatt Kraft verheiratet; sie starb 2011 im Alter von 68 Jahren. Das Paar hat vier Söhne – Jonathan, Daniel, Joshua und David. Jonathan ist heute Präsident der Patriots und der Kraft Group, Daniel steht an der Spitze von IFP, Joshua leitet die philanthropischen Aktivitäten der Familie. 2022 heiratete Robert Kraft in New York die Augenärztin Dana Blumberg. Beide halten die Partnerschaft bewusst privat.
Philanthropie mit System
Kraft zählt zu den bekanntesten Stiftern in Neuengland. 2011 initiierte die Familie das Kraft Center for Community Health am Massachusetts General Hospital (heute Mass General Brigham). 2022 folgte eine Spende von 50 Millionen Dollar, um Versorgungsungleichheiten zu verringern, unter anderem durch mobile Kliniken für Suchttherapie („Community Care in Reach“) und Angebote in unterversorgten Vierteln.
Seine Alma Mater erfährt ebenfalls Unterstützung: Das Kraft Center for Jewish Student Life wurde 2000 eröffnet; 2007 finanzierte Kraft die Umbenennung des Football‑Fields in „Robert K. Kraft Field“. In Summe hat er Columbia über Jahre mit Millionenbeträgen unterstützt.
Über die Region hinaus ist Kraft seit 1999 ein Motor für den American Football in Israel. 2017 eröffnete in Jerusalem der Kraft Family Sports Campus dank einer Spende von 6 Millionen Dollar. Das Projekt brachte Israels erste reguläre Football‑Spielfelder und förderte Breiten‑ wie Leistungssport.
2019 erhielt Kraft den Genesis Prize („jüdischer Nobelpreis“) und kündigte an, damit Initiativen gegen Antisemitismus und andere Formen von Hass zu fördern. 2023 startete seine Foundation to Combat Antisemitism (FCAS) die nationale Kampagne „Stand Up to Jewish Hate“, die bis in die NFL‑Primetime reichte.
Politik und Öffentlichkeit
Kraft spendete in der Vergangenheit an beide Parteien – und 2017 eine Million Dollar an das Inauguration Committee von Donald Trump. Später distanzierte er sich öffentlich von Trump, insbesondere nach dem 6. Januar 2021; 2024 zog er finanzielle Unterstützung für Columbia aus Protest gegen „virulenten Hass“ zurück, während er das jüdische Studentenleben an der Universität weiterhin fördert. Parallel engagiert er sich mit Jay‑Z, Meek Mill und anderen in der REFORM Alliance für Reformen im Bewährungs‑ und Strafvollzugssystem – ein Beispiel dafür, wie er gesellschaftliche Brücken zwischen Milieus schlägt, die selten miteinander reden.
Kontroversen und Kritik
Auch um Kraft gab es Schlagzeilen, die nichts mit Sportromantik zu tun haben. 2019 wurde er in Florida wegen angeblicher Inanspruchnahme illegaler Prostitution angeklagt; ein Berufungsgericht erklärte verdeckt aufgenommene Videoaufnahmen für unzulässig, woraufhin die Staatsanwaltschaft 2020 auf weitere Rechtsmittel verzichtete – die Vorwürfe wurden fallengelassen.
Sportlich klebte an den Patriots über Jahre der Makel von „Spygate“ (illegale Videoaufnahmen gegnerischer Signals, 2007) und „Deflategate“ (2015). Beide Affären führten zu empfindlichen Sanktionen gegen Team und Spieler, prägen aber bis heute das gespaltene Bild des Vereins: auf der einen Seite historische Dominanz, auf der anderen Regelverstöße und zermürbende Liga‑Konflikte.
Wirtschaftliche Fußabdrücke in Neuengland
Krafts Rolle beschränkt sich nicht auf die NFL. Die Kraft Group betreibt mit Gillette Stadium die größte Event‑Location Neuenglands, entwickelt das Umfeld urbanistisch weiter und ist über die New England Revolution seit der MLS‑Gründung in den 1990ern eine Konstante im US‑Fußball. Zudem treibt die Holding Diversifizierungen in Technologie‑ und Gesundheitsbeteiligungen voran, während der Papier‑/Verpackungszweig mit globalen Lieferketten agiert. Nicht zuletzt setzt die Gruppe auf Kreislaufwirtschaft: 1,5 Millionen Tonnen Recycling-Material pro Jahr stehen für industrielle Skalierung mit ökologischem Anspruch.
Wie lebt Robert Kraft – und wofür steht er?
Kraft bewegt sich zwischen den Welten: An Spieltagen am Spielfeldrand, im Alltag an der Schnittstelle von Industrie, Medien, Politik und Zivilgesellschaft. Er sitzt in Gremien wie dem Apollo Theater (New York) und dem Paley Center for Media; seine Stiftungskampagnen laufen in Super‑Bowl‑Spots, seine Klinikbusse parken an Brennpunkten.
Ein Unternehmer mit Spannungsfeldern
Robert Krafts Biografie ist eine seltene US‑Erfolgserzählung: aus dem Low‑Margin‑Geschäft Papier und Verpackung heraus zum High‑Impact‑Unternehmer, der eine Region kulturell und ökonomisch prägt. Sein Vermögen speist sich nicht nur aus der Wertsteigerung eines NFL‑Klubs, sondern aus Jahrzehnten globalen Handels, riskanter Standortpolitik und konsequenter Markenführung. Daneben steht ein öffentliches Engagement, das zwischen Brückenbau (REFORM Alliance, Gesundheitsprogramme, Campus‑Arbeit) und Zerreißprobe (Trump‑Nähe, späterer Bruch; Campus‑Proteste; NFL‑Skandale) oszilliert. Gerade diese Ambivalenz macht ihn für das Publikum so interessant.