Literarische Reisen verbinden Fiktion und Realität: Schauplätze aus Romanen in Ostfriesland, Provence, Schwarzwald und Tessin hautnah erleben.

© Roter Hahn Frieder Blickle
Die schönsten Reisen beginnen im Kopf, oft angestoßen durch ein gutes Buch. Doch wie wäre es, die fiktiven Schauplätze der Lieblingsschmöker zu verlassen und den Spuren der Romanhelden auch in der Realität bei literarischen Reisen zu folgen? Ob Bücherwürmer nun am Krimi-Tatort im Allgäu ermitteln, in die Märchenwelt des Schwarzwalds eintauchen oder die romantischen Ecken der Provence entdecken – literarische Reisen machen die vielfältigsten Geschichten erlebbar.
Ostfriesland: Morde zwischen Deichen und Teetassen
Rauer Nordseewind, endlose Deiche und das Ritual des Teetrinkens – Ostfriesland ist nicht nur ein Sehnsuchtsziel für Küstenfans, sondern auch der Schauplatz einer der erfolgreichsten deutschen Krimireihen. Klaus-Peter Wolf hat mit seinen Ostfriesenkrimis um Kommissarin Ann Kathrin Klaasen ein Millionenpublikum erobert. Die Bücher führen Leser an authentische Orte wie den Hafen von Norden, die malerische Altstadt von Leer oder den Strand von Norderney – immer begleitet von einer unterschwelligen Spannung, die hinter scjheinbar friedlichen Fassaden lauert.

Wolf lebt selbst in Norden und verwebt reale Begegnungen, Küstencharaktere und aktuelle Themen zu packenden Geschichten, die regelmäßig auf den Bestsellerlisten landen und auch fürs Fernsehen verfilmt wurden. Mit „Ein mörderisches Paar – Der Sturz“, dem furiosen Finale seiner gleichnamigen Reihe, schickt Wolf seine Figuren erneut auf eine atemlose Flucht quer durch Ostfriesland – gejagt von Polizei, Profikillern und Gangsterbossen.
Südtirol: Zwischen Bergromantik und bäuerlichem Erbe
Alpine Landschaften, traditionsreiche Höfe und eine stille Kraft, die aus der Natur selbst zu kommen scheint – Südtirol bietet nicht nur spektakuläre Kulissen, sondern auch literarische Stoffe voller Tiefe und Zeitgeschichte. In Jarka Kubsovas Roman „Bergland“ entfaltet sich die bewegende Geschichte einer Bergbauernfamilie über drei Generationen. Im abgelegenen Tiefenthal trotzt die junge Rosa in den 1940er-Jahren dem rauen Alltag und bewirtschaftet ihren Hof allein – mit einer Selbstverständlichkeit, die selbst erfahrene Bauern staunen lässt. Jahrzehnte später kämpfen ihre Enkel Hannes und Franziska ums wirtschaftliche Überleben und öffnen den Hof für Feriengäste. Als ein Unglück ihre Existenz bedroht, wird Rosas Vermächtnis zur Quelle neuer Hoffnung.

Wer Südtirols bäuerliche Lebenswelt nicht nur literarisch, sondern auch hautnah erleben möchte, findet im Bauernbund „Roter Hahn“ authentische Einblicke. Über 1.600 Mitgliedsbetriebe öffnen ihre Türen für Gäste und bieten Urlaub auf dem Bauernhof – mit regionaler Küche, Einblicken in das Hofleben und der Möglichkeit, die alpine Kultur aus nächster Nähe kennenzulernen. So wird aus der Lektüre ein echtes Erlebnis zwischen Stall, Bergwiese und Geschichten, die tief verwurzelt sind.
Provence: Genuss, Lavendelfelder und ein Mord in der Sommerhitze
Sophie Bonnet verbindet in ihren Provence-Krimis malerische Landschaften, kulinarische Genüsse und spannende Fälle rund um den charmanten Ermittler Pierre Durand. Zwischen Lavendelfeldern, Weindörfern und historischen Städten entfaltet sie Geschichten, die gleichermaßen Urlaubsgefühl und Nervenkitzel wecken.

Im neuesten Band, „Provenzalische Täuschung“, verwandelt sich das fiktive Sainte-Valérie in einen Treffpunkt der Modewelt, als die Modenschau des exzentrischen Designers Cyril Fontanel von anonymen Morddrohungen überschattet wird. Durands Ermittlungen führen ihn bis nach Tarascon – und zu einer Toten, die ein Netz aus Geheimnissen und Lügen offenbart. Wer Provence und Krimis liebt, kann bei einem Besuch in Tarascon, Avignon oder entlang der Rhône auf den Spuren des literarischen Ermittlers wandeln – immer begleitet von Sonne, Pastis und einem Hauch Gefahr.
Afrika: Wenn die Reise selbst zur Geschichte wird
Dass Reisen und Literatur die Kraft zur gegenseitigen Inspiration haben, zeigen auch die Beispiele von Hauser Exkursionen. So bewegte Tommy Jaud ein Hauser-Trip nach Namibia zu seinem humorgeladenen Bestseller „Hummeldumm“. In „JA, und dann mitten ins Herz“ verarbeitet Hauser-Kundin Christine Rudolph ihre Geschichte auf einer Kilimandscharo-Tour. Und auch das Titelbild der deutschen Ausgabe von Paulo Coelhos „Unterwegs/Der Wanderer“ hat seinen Ursprung beim Slow-Trekking-Veranstalter. Fotografiert hat es die langjährige Sahara-Spezialistin Andrea Bahmann auf einer Tour durch das Dünengebiet Erg Admer, das Hauser-Gruppen auf fast allen Algerien-Reisen besuchen.

Bad Reichenhall, Oberbayern: Vom kleinen Grenzverkehr zum modernen Krimi
Schon Schriftsteller Erich Kästner schätzte die mondäne Alpenstadt und verewigte seine Erfahrungen in der charmanten Liebesgeschichte „Der kleine Grenzverkehr“. 1937 verbrachte der berühmte Publizist und Kinderbuch-Autor mehrere Wochen in Bad Reichenhall, um von dort – wie auch sein Protagonist Georg – zu den Salzburger Festspielen zu pendeln. Denn aufgrund von Devisenbestimmungen war Österreich damals durch eine Grenze vom Deutschen Reich getrennt. Trotz Publikationsverbot in der Heimat seit 1933 durfte der systemkritische Kästner sein Werk zumindest im Ausland veröffentlichen.
Heute knüpft Autorin Lisa Graf-Riemann an Bad Reichenhalls literarische Tradition an und zeigt mit den beiden Krimis „Kurschatten-Affäre“ und „Die zweite Geige“ die mörderische Seite der Alpenstadt. Und so wandelt der Leser stets auf Spuren des ermittelnden Hochstaplers Sascha Maiensäss zwischen Luxushotel, Königlichem Kurgarten und den Bad Reichenhaller Philharmonikern durch die oberbayerische Solemetropole.
Schwarzwald: Auf den Spuren des kalten Herzens
Dichte Tannenwälder, mystische Moore und alte Handwerksberufe: Wilhelm Hauffs Märchen „Das kalte Herz“ (1827) handelt von Köhlern, Holzfällern, Glasmachern und allerlei dunklen Sagengestalten im Schwarzwald. Es erzählt die Geschichte vom mittellosen Köhler Peter Munk, der aus Liebe zur schönen und aus gutem Hause stammenden Lisbeth einen Weg sucht, um reich zu werden. Ebenso kunstvoll wie die dunkle Bildsprache des Märchens ist auch die Gestaltung des im Freiburger 8 Grad Verlag publizierten Buchs – die Illustrationen finden sich auf 26 Zickzackfalzbögen zum Ausklappen.

Wer noch tiefer eintauchen möchte, besucht die Ausstellung im Schloss Neuenbürg im nördlichen Schwarzwald, wo das Märchen in begehbaren Szenen multimedial nacherzählt wird. Außerdem erfahren Reisende in Hauffs Märchenmuseum in Baiersbronn durch Hör- und Videostationen, wie die Menschen im Murgtal früher gelebt haben. www.schwarzwald-tourismus.info
Füssen, Allgäu: Kommissar Kluftinger und das Geheimnis des Alatsees
Zwar gilt das Füssener Land laut Allgäuer Zeitung als „eine der sichersten Regionen Bayerns“. Von Gewaltverbrechen bleibt die höchst gelegene Stadt im Freistaat dennoch nicht verschont – und sei‘s nur ein fiktionales wie in Seegrund. Den passenden Schauplatz für seinen dritten Kluftinger-Roman fand das Autorenduo Michael Kobr und Volker Klüpfel im Alatsee oberhalb vom Ortsteil Bad Faulenbach.

Wilde Legenden ranken sich um das bis zu 32 Meter tiefe Berggewässer, denn Purpur-Schwefelbakterien verleihen ihm mitunter eine eigentümlich blutrote Farbe. Auch Spekulationen über bei Kriegsende dort versenktes Nazigold wabern seit je durch die Gerüchteküche. Als „Klufti“ aber im Rahmen eines Familienausflugs rund um den See zudem mit einem tot geglaubten Taucher und seiner Zigarre rauchenden Füssener Kollegin Friedel Marx konfrontiert wird, nimmt das amüsante Krimi-Abenteuer seinen Lauf. Für Interessierte gibt‘s Seegrund-Führungen auf Spuren des kauzigen Kommissars, für Lesefaule die Verfilmung mit Herbert Knaup.
Stuttgart: Schwäbischer Charme und ein Laugenweckle zum Frühstück
Literatur muss nicht immer düster oder historisch sein. Die Autorin Elisabeth Kabatek fängt mit ihrem Roman „Laugenweckle zum Frühstück“ das moderne Lebensgefühl Stuttgarts mit viel Witz und schwäbischem Charme ein. Protagonistin Pipeline Praetorius („Line“) ist Single, arbeitslos und scheint Katastrophen magisch anzuziehen. Und dann treten auch noch zwei Männer gleichzeitig in ihr chaotisches Leben. Mit der Gute-Laune-Story schickt Elisabeth Kabatek den Leser nicht nur auf eine unterhaltsame Reise durch die Stadt, sondern zeigt gleichzeitig die Lieblingsorte der Buchheldin – etwa das Stuttgarter Lieblingsviertel im Westen, in dem „Line“ wohnt oder die bekannte Königsstraße nahe Schlossplatz und Kunstmuseum, wo die Protagonistin regelmäßig zum Shoppen unterwegs ist. Kaffeepause und Laugengebäck inklusive!
