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J. Christopher Reyes im Porträt: vom Biervertrieb zum Milliardenimperium

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J. Christopher Reyes

© Timon Schneider / SOPA Images/Sipa USA

J. Christopher Reyes verkörpert den American Dream in einer ruhigen, diskreten Version. Er baute aus einem kleinen Biervertrieb ein milliardenschweres Familienimperium und agiert heute als einflussreicher Unternehmer, Philanthrop und Strippenzieher – ohne dabei jemals die große Bühne zu suchen.

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Familienwurzeln und Ausbildung

J. Christopher Reyes wurde 1953 als ältester von neun Geschwistern in eine große Familie hineingeboren. Seine Eltern – Joseph A. Reyes und Frances Marie Reyes – schufen den familiären Zusammenhalt, der seinen Werdegang prägen sollte. Nach der Schulzeit entschied sich der junge Christopher für ein Studium an der University of Maryland, wo er seinen Bachelor-Abschluss erwarb. Diese akademische Grundlage legte den Grundstein für seine spätere Karriere in der Geschäfts- und Unternehmenswelt. Schon früh zeigte sich sein unternehmerisches Potenzial, das er gemeinsam mit seinem ebenso ambitionierten Bruder M. Jude Reyes entwickeln sollte.

Der Start ins Biergeschäft

Mit Mitte 20 wagte J. Christopher Reyes den Schritt ins Unternehmertum – und das in einer eher ungewöhnlichen Branche: dem Biervertrieb. Gemeinsam mit Bruder Jude und unterstützt von Vater Joseph übernahm er 1976 einen kleinen Biervertrieb in Spartanburg, South Carolina. Der Kaufpreis von rund 740.000 US-Dollar verdeutlicht, welch großes Risiko und Vertrauen die Familie in dieses Geschäft setzte. Kaum ein Jahr später expandierten die Reyes-Brüder bereits und eröffneten einen weiteren Standort in Savannah, Georgia. 1979 folgte der Schritt in die Metropole Chicago, wo sich das Unternehmen fortan fest etablierte.

Von Beginn an zeigten Chris und Jude Reyes einen unbändigen Expansionsdrang. Sie führten den Biervertrieb selbst und nutzten jede Gelegenheit zum Wachstum. Seit 1976 hat ihre Firma konsequent Konkurrenten aufgekauft – im Laufe der Jahre über 130 Übernahmen von anderen Bierdistributoren und Marken. Dieses aggressive Wachstum machte aus dem kleinen Regionalbetrieb binnen weniger Jahrzehnte ein Branchen-Schwergewicht. Reyes Holdings – so der spätere Name des Firmenkonglomerats – entwickelte sich damit zum größten Biergroßhändler der USA.

Bier, Burger und Cola – ein Vertriebsnetz wächst

Mit dem Erfolg im Biergeschäft gab sich J. Christopher Reyes noch lange nicht zufrieden. Ende der 1990er-Jahre schlug er ein neues Kapitel auf und diversifizierte das Familienimperium über den Gerstensaft hinaus. 1998 übernahm Reyes Holdings die Firma Martin-Brower – den Hauptlogistik-Dienstleister für McDonalds – und stieg damit in das Lebensmittel- und Fast-Food-Zuliefergeschäft ein. Dieser Schritt machte die Reyes-Gruppe zum zentralen Player in der Versorgungskette des weltweit größten Burger-Konzerns.

Der nächste Meilenstein folgte 2015, als Reyes Holdings in das Softdrink-Geschäft einstieg. Durch den Kauf von Abfüll- und Vertriebsrechten gründete die Familie die Reyes Coca-Cola Bottling und übernahm Teile der Coca-Cola-Produktion und -Distribution im Mittleren Westen der USA. Damit sicherte sich Reyes einen gewichtigen Anteil am Cola-Markt und festigte zugleich seine Stellung als unverzichtbarer Partner großer Marken.

Die Zahlen hinter diesem Wachstum sprechen Bände: Laut Forbes rangiert Reyes Holdings im Jahr 2023 als sechstgrößtes Privatunternehmen der USA mit einem Jahresumsatz von rund 40 Milliarden US-Dollar. Beinahe 36.000 Mitarbeiter stehen auf der Gehaltsliste des Familienkonzerns. Damit ist aus dem kleinen Familienbetrieb in wenigen Jahrzehnten ein global agierender Vertriebsriese geworden – ein Erfolg, der J. Christopher Reyes zu einem der mächtigsten Unternehmer des Landes gemacht hat.

J. Christopher Reyes Vermögen und Einfluss

Dieser rasante Aufstieg spiegelt sich natürlich auch im persönlichen Vermögen von J. Christopher Reyes wider. Forbes schätzt sein aktuelles Nettovermögen auf etwa 12 Milliarden US-Dollar (Stand 2025). Damit zählt er – gleichauf mit Bruder Jude – zu den reichsten Amerikanern und rangiert um Platz 200 der reichsten Menschen der Welt. Trotz dieser enormen Zahlen bleibt Reyes erstaunlich bescheiden im öffentlichen Auftritt. Branchenbeobachter beschreiben ihn als öffentlichkeitsscheuen Menschen, der zwar ein Milliardenimperium lenkt, aber selbst nur ungern im Rampenlicht steht.

Sein Einfluss spürt man vor allem hinter den Kulissen. In seiner Heimatstadt Chicago galt Reyes lange als einer der mächtigsten, aber auch diskretesten Akteure der Wirtschaft. Er formte ein enges Netzwerk zu anderen Entscheidungsträgern ohne großen Medienrummel. So sitzt er in den Aufsichtsgremien mehrerer renommierter Institutionen und nutzt diese Posten sowohl aus Gemeinsinn als auch strategisch: Beispielsweise wirkt Reyes als Co-Vorsitzender des Ann & Robert H. Lurie Children’s Hospital in Chicago und als Vorstand von Museen und Stiftungen.

Auch wirtschaftspolitisch hat Reyes’ Unternehmen erhebliches Gewicht. Reyes Holdings steuert als größter Bier- und Getränkeverteiler in vielen Regionen praktisch den Warenfluss ganzer Branchen. Wenn in den USA ein Bierhahn geöffnet oder ein Burger-Restaurant beliefert wird, stehen die Chancen gut, dass die Lieferkette irgendwo von Reyes’ Firmen beeinflusst wurde. In Illinois, wo der Konzern seinen Sitz in Rosemont hat, ist Reyes Holdings eines der größten Unternehmen überhaupt. Der wirtschaftliche Fußabdruck reicht jedoch weit über die Region hinaus – bis in internationale Märkte, die über das McDonald’s-Distributionsgeschäft erschlossen wurden.

Privatleben: Familie und Luxus

Trotz seiner Milliarden pflegt J. Christopher Reyes ein vergleichsweise zurückgezogenes Privatleben. Er ist seit vielen Jahren mit Anne N. Reyes verheiratet; das Paar hat vier Kinder. Lange Zeit lebte die Familie in der wohlhabenden Vorstadt Lake Forest nördlich von Chicago, ehe Reyes seinen Hauptwohnsitz nach Florida verlegte. Heute genießt er die Sonne Floridas in der exklusiven Gemeinde Hobe Sound, wo er sich niedergelassen hat.

Als einer der reichsten Menschen der USA kann sich Reyes natürlich auch einen entsprechend luxuriösen Lebensstil leisten. So sorgte er 2010 für Schlagzeilen, als er sich in Aspen (Colorado) ein weitläufiges Anwesen am Fuße des Buttermilk-Skigebiets gönnte. Rund 44 Hektar Land mit einer Residenz von über 1.200 Quadratmetern wechselten damals den Besitzer – für einen Kaufpreis von mehreren Dutzend Millionen Dollar. Auch im exklusiven Ferienort Lake Geneva in Wisconsin schlug Reyes zu: 2022 wurde publik, dass er die historische Driehaus-Mansion am Seeufer für etwa 36 Millionen Dollar erworben hatte. Solche Investments in erstklassige Immobilien unterstreichen seinen Status, doch tritt Reyes persönlich kaum damit in Erscheinung.

Die Familie Reyes ist aktiv in der Unternehmensführung: Neben Bruder Jude, mit dem Chris das Unternehmen großzog, sind auch weitere Familienmitglieder in leitenden Rollen aktiv. Inzwischen führt etwa “Duke” Reyes – ein jüngerer Verwandter – als CEO die operativen Geschäfte von Reyes Holdings, während Chris und Jude als Co-Chairmen den Kurs vorgeben.

Soziales Engagement und Philanthropie

J. Christopher Reyes engagiert sich stark philanthropisch. Gemeinsam mit seiner Frau gründete er 2007 die J. Christopher and Anne N. Reyes Foundation, über die jährlich mehrere Millionen Dollar an wohltätige Zwecke fließen. Ein Schwerpunkt seines Engagements liegt im Gesundheitswesen. So war Reyes lange Zeit Präsident und ist bis heute einer der Vorsitzenden des Lurie Children’s Hospital of Chicago – der renommierten Kinderklinik, für die er sogar eine große Fundraising-Kampagne mit einem Zielvolumen von 400 Millionen Dollar leitete.

Darüber hinaus engagiert sich Reyes im Verwaltungsrat des Northwestern Memorial Hospital und als Trustee der University of Notre Dame sowie für das Netzwerk der Ronald McDonald House Charities. Auch in den Bereichen Bildung und Kultur hat er Spuren hinterlassen: Er förderte Schulen wie die Lake Forest Academy, unterstützte Leseprogramme für benachteiligte Kinder und half, Stipendien für angehende Schulleiter bereitzustellen. Museen und kulturelle Einrichtungen Chicagos – vom Art Institute über das Field Museum bis zum Museum of Science and Industry – erhielten ebenfalls Zuwendungen aus der Reyes-Stiftung.

Politisches Engagement hinter den Kulissen

Politisch agiert Reyes bevorzugt im Hintergrund. Er selbst kandidiert für kein Amt und meidet öffentliche politische Statements, doch als Finanzier im Hintergrund hat er sich einen Namen gemacht. Reyes gilt als konservativ und unterstützt bevorzugt Kandidaten der Republikanischen Partei mit großzügigen Spenden. Zwischen 1994 und 2007 überwies er über 80.000 US-Dollar an die Republikanische Partei in Illinois und deren lokale Ableger, zudem spendete er sechsstellige Beträge an ein konservatives Political Action Committee.

Gleichzeitig agiert Reyes aber pragmatisch und parteiübergreifend, wenn es seinen geschäftlichen oder regionalen Interessen dient. So unterstützten er und Bruder Jude auch demokratische Politiker wie Rahm Emanuel oder Bill Daley mit hohen Spenden. Auch in Kalifornien engagierte sich Reyes überraschend zugunsten des demokratischen Gouverneurs Gavin Newsom – vermutlich aus wirtschaftlichen Erwägungen.

Kritik und Kontroversen um J. Christopher Reyes

Wie bei vielen Großunternehmern bleibt auch bei Reyes Kritik nicht aus. So sah sich Reyes Holdings 2022 mit einer Klage einer Craft-Beer-Brauerei aus Kalifornien konfrontiert, die dem Unternehmen monopolistisches Verhalten vorwarf. Konkret ging es um unfaire Vertragskonditionen, mit denen kleinere Brauereien unter Druck gesetzt worden sein sollen. Auch intern kam es vereinzelt zu Klagen, etwa wegen Pensionsfonds-Verwaltung oder Arbeitsrechtsthemen – nichts davon jedoch mit großer öffentlicher Wirkung.

 

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