Thierry Breton, der bisherige EU-Kommissar für den Binnenmarkt, hat überraschend seinen sofortigen Rücktritt angekündigt.
Patrick Pleul/dpa
In einem auf der Plattform X veröffentlichten Brief nannte er Differenzen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als Grund für seinen Entschluss. Von der Leyen befindet sich gerade in der finalen Phase der Zusammenstellung ihrer neuen Kommission für ihre zweite Amtszeit. Diese soll noch in dieser Woche im EU-Parlament vorgestellt werden.
Brief an von der Leyen
Breton war bisher für Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständig und galt als sicherer Kandidat für eine erneute Ernennung. In seinem Rücktrittsschreiben warf der 69-Jährige von der Leyen vor, dass sie Frankreich vor einigen Tagen dazu aufgefordert habe, seinen Namen für die neue Kommission zurückzuziehen.
In dem Brief heißt es „aus persönlichen Gründen, die Sie zu keinem Zeitpunkt direkt mit mir diskutiert haben“. Der bisherige EU-Kommissar betonte, dass diese jüngsten Entwicklungen einen weiteren Beweis für fragwürdige Regierungsführung darstellten, was ihn dazu zwinge, mit sofortiger Wirkung zurückzutreten.
Macrons Vorschlag: Stéphane Séjourné
Breton galt in den letzten Jahren als prominentes Mitglied der Kommission, etwa aufgrund seiner Mitwirkung bei der Corona-Impfstoffbeschaffung und der Big-Tech-Regulierung der EU. Zudem war er bekannt für seine öffentlichen Auseinandersetzungen mit dem Tech-Milliardär Elon Musk.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat prompt reagiert und Stéphane Séjourné als Nachfolger vorgeschlagen. Séjourné, Frankreichs geschäftsführender Außenminister, gilt als enger Vertrauter Macrons und hat bereits in verschiedenen politischen Funktionen innerhalb Frankreichs und der EU gedient.
Von der Leyen nimmt Rücktritt zur Kenntnis
Innerhalb der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten gibt es gemischte Reaktionen auf Macrons Vorschlag. In Berlin und anderen europäischen Hauptstädten wird der Abgang von Breton allerdings nicht unbedingt bedauert. Regierungsvertreter warfen ihm wiederholt vor, die wirtschaftspolitischen Interessen Frankreichs einseitig zu vertreten, obwohl Kommissionsvertreter unabhängig von den Interessen des Heimatlandes agieren sollen.
Breton hatte von der Leyen unter anderem verärgert, indem er ihre Nominierung für eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin öffentlich kritisierte. Auch bei der Ernennung von Breton zum Binnenmarktkommissar in 2019 hatte es bereits Ärger zwischen den beiden gegeben.
Von der Leyen nehme den Rücktritt zur Kenntnis und danke Breton für seine Arbeit als Kommissar, teilte eine Sprecherin der EU-Kommission mit. Zu den Vorwürfen Bretons äußerte sie sich nicht.
Auch Macron bedankte sich bei Breton und nannte ihn einen „bemerkenswerten EU-Kommissar“.