Unternehmer, Wirtschaft

Amancio Ortega: der Schöpfer eines globalen Modeimperiums

Uhr
Amancio Ortega

picture alliance/AP Images | Iago Lopez

Amancio Ortega, Gründer des Modegiganten Zara, baute aus bescheidenen Anfängen ein globales Imperium auf. Mit seinem revolutionären Fast-Fashion-Modell veränderte er die Modewelt grundlegend – und blieb dabei stets auf dem Teppich.

Teilen per:

Vom Schneiderlehrling zum Milliardär

Amancio Ortega, geboren am 28. März 1936 in Busdongo de Arbas, einem kleinen Dorf in der spanischen Region León, begann seine bemerkenswerte Reise in einfachen Verhältnissen. Ortega wuchs in einer Arbeiterfamilie auf, sein Vater war Eisenbahnarbeiter, und die finanzielle Situation der Familie war angespannt. Schon früh verließ er die Schule, um zum Familieneinkommen beizutragen, und begann als einfacher Bote in einem Bekleidungsgeschäft in La Coruña zu arbeiten.

Seine Erfahrungen in der Modebranche begannen an der Basis – mit harter Arbeit und einem Auge für Details. In den 1950er-Jahren lernte Ortega, wie man Kleidung herstellt, und entwickelte eine Leidenschaft für den Textilsektor. Diese Erfahrung sollte der Grundstein für sein späteres Imperium werden. Doch was ihn wirklich auszeichnete, war seine Fähigkeit, die Bedürfnisse der Verbraucher zu erkennen und den Modemarkt auf revolutionäre Weise umzugestalten.

Zara: Ein Modegigant wird geboren

1975 gründete Amancio Ortega zusammen mit seiner damaligen Frau Rosalía Mera das erste Zara-Geschäft in La Coruña, einer Stadt, die damals weit von den Modemetropolen entfernt war. Ortega hatte die Vision, Mode für alle zugänglich zu machen – schick, aber erschwinglich. Zara war mehr als nur ein Modegeschäft, es revolutionierte das Konzept der Modeproduktion und -verteilung. Ortega perfektionierte das Modell der Fast Fashion, bei dem neue Designs innerhalb weniger Wochen in die Läden kamen, statt wie bei traditionellen Modehäusern, die Kollektionen monatelang im Voraus planten.

Das Geheimnis seines Erfolgs lag in der Effizienz: Zara besaß die gesamte Lieferkette, von der Herstellung bis zum Verkauf. Ortega verzichtete auf traditionelle Werbung und setzte stattdessen auf eine schnelle Reaktionsfähigkeit auf Modetrends. Wenn ein Design funktionierte, wurde es sofort in größeren Mengen produziert. Wenn nicht, wurde es schnell durch etwas Neues ersetzt. Dieser Fokus auf Flexibilität und Schnelligkeit brachte Zara weltweit an die Spitze des Modehandels.

Im Laufe der Jahre wuchs Zara von einem einzigen Geschäft zu einem globalen Modegiganten, der heute Teil des Inditex-Konzerns ist – des größten Modeeinzelhändlers der Welt. Inditex besitzt neben Zara Marken wie Massimo Dutti, Pull & Bear, Bershka und Stradivarius. Schritt für Schritt baute Ortega ein Imperium auf, das inzwischen über 7.000 Filialen in mehr als 90 Ländern umfasst.

Milliardär ohne Allüren

Sein Vermögen, das 2023 auf etwa 70 Milliarden US-Dollar geschätzt wird, macht ihn zu einem der reichsten Menschen der Welt. Doch anders als andere Milliardäre sucht Ortega nicht nach medialer Aufmerksamkeit. Stattdessen lebt er ein einfaches Leben in La Coruña, wo auch der Hauptsitz von Inditex ist. Er ist bekannt dafür, täglich in denselben Cafés und Restaurants zu essen, die er seit Jahren besucht. Sein unauffälliger Kleidungsstil – meist ein einfaches Hemd und eine Jacke – spiegelt seinen pragmatischen Charakter wider.

Ortega mag sich aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen haben, aber seine Familie spielt weiterhin eine entscheidende Rolle in seinem Unternehmen. Seine Tochter Marta Ortega, die seit Jahren in verschiedenen Bereichen von Inditex tätig ist, übernimmt zunehmend die Verantwortung. Marta wird oft als mögliche Nachfolgerin ihres Vaters betrachtet, auch wenn Ortega sich nie öffentlich zu einer klaren Nachfolgeregelung geäußert hat.

Die enge Einbindung seiner Familie in das Unternehmen zeigt Ortegas Bestreben, die Werte und das Fundament, auf dem Inditex gebaut wurde, auch für die kommenden Generationen zu bewahren. Marta Ortega hat in den letzten Jahren das Gesicht der Unternehmensführung von Inditex geprägt und bringt frischen Wind in die Konzernstrategie, ohne die Prinzipien zu vernachlässigen, die ihren Vater so erfolgreich gemacht haben.

Umgang mit der Kritik an Fast Fashion

Amancio Ortega und sein Unternehmen Inditex, zu dem Zara gehört, standen in der Vergangenheit mehrfach in der Kritik. Vor allem wurden Vorwürfe zu schlechten Arbeitsbedingungen in Zulieferbetrieben in Ländern wie Bangladesch, Brasilien und Myanmar laut. Diese betrafen unter anderem niedrige Löhne, lange Arbeitszeiten und unsichere Arbeitsbedingungen. Zudem wurde das Unternehmen wegen seines Fast-Fashion-Modells kritisiert, das durch den schnellen Konsumzyklus zur Umweltverschmutzung und einem hohen Textilabfallaufkommen beiträgt. 

Daher spielt das Thema Nachhaltigkeit eine zunehmend wichtige Rolle für Zara im Umgang mit den Herausforderungen der Fast Fashion. So setzte Zara in den letzten Jahren verstärkt auf Nachhaltigkeitsinitiativen, um dem wachsenden Druck von Verbrauchern, Aktivisten und Regierungen gerecht zu werden. Diese berührten Bereiche wie Materialien und Recycling, Kreislaufwirtschaft, Reduktion des CO₂-Fußabdrucks, Transparenz und nachhaltige Produktionsstandards. Eine eigene Slow-Fashion-Linie wurde ebenfalls ins Leben gerufen.

Amancio Ortega steht für stille Großzügigkeit

Während sein Vermögen wächst, bleibt auch Ortegas philanthropisches Engagement nicht unbeachtet. Er gründete die Amancio Ortega Foundation, die sich vor allem für Bildungs- und Gesundheitsprojekte in Spanien einsetzt. 2017 spendete die Stiftung etwa 320 Millionen Euro, um spanische Krankenhäuser mit modernster Technologie für die Krebsbehandlung auszustatten. Diese Großspende sorgte für positive Schlagzeilen, obwohl Ortega damit persönlich wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte.

Seine Stiftung unterstützt auch zahlreiche Bildungsinitiativen, darunter Stipendien für spanische Schüler, die im Ausland studieren möchten. Ortega sieht Bildung als Schlüssel zur Chancengleichheit und als wichtigen Motor für gesellschaftliche Entwicklung.

Ein Gigant in der Geschäftswelt

Amancio Ortega wird oft als der „stille Gigant“ der Modeindustrie bezeichnet. Während seine Konkurrenten auf glanzvolle Kampagnen und mediale Aufmerksamkeit setzen, hat Ortega eine ganz andere Strategie verfolgt: Seine Produkte sprechen für sich. Sein Erfolg basiert auf der Grundidee, den Verbrauchern genau das zu bieten, was sie wollen – und zwar schnell und bezahlbar. Diese Einfachheit hat Zara und den gesamten Inditex-Konzern zu einem globalen Phänomen gemacht.

Doch Ortega ist mehr als nur ein erfolgreicher Unternehmer. Er verkörpert den Glauben an harte Arbeit, Bescheidenheit und die Fähigkeit, Chancen zu erkennen, die andere übersehen. Er hat eine neue Art des Modehandels geschaffen, die die gesamte Branche grundlegend verändert hat, und ist damit ein Vorbild für Unternehmer weltweit, die auf Nachhaltigkeit und Flexibilität setzen.

Fazit: der Mann, der die Modewelt umkrempelte

Amancio Ortega ist ein außergewöhnlicher Unternehmer, dessen Weg von den bescheidenen Anfängen eines Schneiderlehrlings bis zum Chef eines globalen Modeimperiums reicht. Mit einer klaren Vision und unerschütterlicher Disziplin hat er es geschafft, die Modebranche zu revolutionieren, ohne sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Sein Vermächtnis liegt nicht nur in dem milliardenschweren Konzern, den er aufgebaut hat, sondern auch in seiner einzigartigen Fähigkeit, Geschäft und Menschlichkeit miteinander zu verbinden.

 

Melden Sie sich für den Newsletter an

Erhalten Sie jede Woche geballtes Wirtschaftswissen und News kostenfrei per E-Mail.

Weitere Artikel

Appel der Deutschen Bundeswehr in der Mainfranken-Kaserne in Volkach zum Unterstellungswechsel der Logistikbataillone 461, 467, 471 und 472 unter das Logistikregiment 4. Soldaten stehen in Formation vor einem Militärfahrzeug von Rheinmetall

Rheinmetall und Leonardo gründen Joint Venture

Deutschland, News, Welt, Wirtschaft
Lebensmittel aus Plastik stehen in einer Filmkulisse. Der Anstieg bei Lebensmittelpreisen wirkte im September inflationsfördernd.

Teure Butter, günstige Energie: Inflation sinkt auf 1,6%

Deutschland, News, Wirtschaft
Robert Habeck, Bundesminister fuer Wirtschaft und Klimaschutz und Vizekanzler, stellt die Herbstprojektionen der Bundesregierung vor. Aufgenommen im Rahmen der Bundespressekonferenz in Berlin, 09.10.2024.

Bundesregierung rechnet 2024 mit Rezession

Deutschland, News, Politik, Wirtschaft

Beliebteste Artikel

Das Wort Insolvenzverfahren ist auf einem Formular für einen Insolvenzantrag für Personengesellschaften und juristische Person unterstrichen.

IWH-Analyse: Insolvenzzahlen auf Rekordhoch im Juli

Deutschland, Wirtschaft
Als Nestlé-Europachef informierte Laurent Freixe (r) 2012 über das geplante Nestlé-Werk für Kaffekapseln in Schwerin, zusammen mit dem damaligen Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD, l)

Nestlé-CEO Mark Schneider tritt zurück

Wirtschaft, Unternehmen

Die neue Kubakrise trifft die Königin der Zigarren

Genuss, Lifestyle