Wang Xing ist Gründer und CEO von Meituan, einem führenden chinesischen Lieferdienst. Er wurde mit Xiaonei.com bekannt, investiert in Zukunftstechnologien und steht politisch unter Beobachtung. Sein Vermögen beträgt rund 11 Milliarden US-Dollar.

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Wang Xing, geboren 1979 in der chinesischen Provinz Fujian, zählt heute zu den einflussreichsten Unternehmern im chinesischen Internetsektor. Nach dem Abitur studierte er zunächst Elektronik und Physik an der renommierten Tsinghua-Universität in Peking, ehe er für ein Masterstudium in Informatik an die University of Delaware in den USA wechselte. Die Erfahrungen, die er während seines Aufenthalts im Silicon Valley sammelte, inspirierten ihn maßgeblich dazu, die Prinzipien erfolgreicher US-amerikanischer Onlineplattformen auf den chinesischen Markt zu übertragen.
Erste unternehmerische Gehversuche: Xiaonei.com
Seinen ersten großen Erfolg erzielte Wang Xing im Jahr 2005 mit der Gründung von Xiaonei.com – dem ersten sozialen Netzwerk für chinesische Hochschulen. Die Plattform war eine direkte Antwort auf das damals in den USA populäre Facebook und gewann rasch an Bekanntheit bei chinesischen Studenten. Bereits ein Jahr später verkaufte Wang die Plattform an das Unternehmen Oak Pacific Interactive, das Xiaonei später in Renren umbenannte – eine Art „Facebook Chinas“. Auch wenn Wang sich von dem Projekt trennte, war Xiaonei ein Meilenstein in seiner Karriere und demonstrierte sein Gespür für digitale Trends.
Aufstieg mit Meituan: Von der Rabattplattform zum Tech-Giganten
Seinen internationalen Durchbruch erzielte Wang Xing mit Meituan. 2010 als Gruppenkaufplattform gegründet, fusionierte Meituan im Jahr 2015 mit dem Bewertungsportal Dianping.com, das stark an Yelp erinnert. Aus dieser Fusion entstand ein Unternehmen, das sich rasch zu einem der dominierenden Player im Bereich der lokalen Dienstleistungen entwickelte. Meituan bietet heute ein riesiges Spektrum an Services an – von Essenslieferungen über Hotelbuchungen bis hin zu Kinotickets.
Unter der Führung von Wang Xing wurde Meituan zu einem digitalen Ökosystem mit über 600 Millionen aktiven Nutzern. Die Plattform verarbeitet täglich Millionen von Bestellungen und kooperiert mit unzähligen Restaurants und Dienstleistern. Seit der Börsennotierung in Hongkong im Jahr 2018 zählt Meituan zu den wertvollsten Tech-Unternehmen Chinas.
Internationale Ambitionen: Die Expansion mit Keeta
2023 wagte Meituan unter Wang Xings Leitung den Schritt ins Ausland und startete mit der Marke Keeta in Hongkong seinen ersten internationalen Lieferdienst. Der Launch gilt als Auftakt zur globalen Expansion – ein mutiger Schritt angesichts des harten Wettbewerbs durch internationale Player wie Uber Eats und DoorDash. Wang Xing sieht in Keeta ein Pilotprojekt für neue Märkte und setzt auf eine Mischung aus Technologie, effizienter Logistik und lokalem Know-how, um auch außerhalb Chinas Fuß zu fassen.
Finanzen und Vermögen von Wang Xing
Laut Forbes beläuft sich das Vermögen von Wang Xing im Jahr 2025 auf rund 11 Milliarden US-Dollar, was ihn zu einem der reichsten Tech-Unternehmer Asiens macht. Ein erheblicher Teil seines Reichtums resultiert aus seinen Anteilen an Meituan. Im Zuge einer kartellrechtlichen Untersuchung durch chinesische Regulierungsbehörden im Jahr 2021 übertrug Wang Aktien im damaligen Wert von über 2 Milliarden US-Dollar an eine von ihm gegründete gemeinnützige Stiftung. Dieser Schritt wurde nicht nur als symbolische Geste zur Entschärfung politischer Spannungen verstanden, sondern auch als Hinweis auf sein wachsendes philanthropisches Engagement.
Politischer Kontext und staatlicher Druck
Wie viele andere chinesische Tech-Milliardäre geriet auch Wang Xing in den vergangenen Jahren verstärkt ins Visier der Regierung. Die chinesische Staatsführung hat seit 2020 eine striktere Regulierung großer Internetkonzerne eingeführt, insbesondere im Hinblick auf Marktdominanz, Datenschutz und Arbeitsbedingungen. Auch Meituan war Ziel kartellrechtlicher Untersuchungen. Wang zeigte sich während dieser Phase betont staatsloyal. Berühmt wurde ein inzwischen gelöschter Beitrag auf dem sozialen Netzwerk Fanfou, in dem Wang ein altes Gedicht postete, das als indirekte Kritik an der Regierung interpretiert wurde. Die Reaktion folgte prompt: Der Aktienkurs von Meituan stürzte zeitweise ab, und die staatliche Presse warnte öffentlich vor „unloyalen Unternehmern“.
Wang reagierte schnell und passte seine öffentliche Rhetorik an. Seither agiert er äußerst vorsichtig und zeigt sich stets konform mit den politischen Leitlinien der Kommunistischen Partei. Eine direkte politische Funktion hat Wang Xing zwar nicht inne, doch seine Nähe zu staatlichen Interessen ist unübersehbar geworden.
Familie und Privates
Trotz seiner enormen Bekanntheit gilt Wang Xing als äußerst zurückhaltend, was sein Privatleben betrifft. Bekannt ist, dass er verheiratet ist und mindestens zwei Kinder hat. Die Familie lebt zurückgezogen in Peking. Wang meidet weitgehend öffentliche Auftritte abseits des beruflichen Kontextes und tritt selten in sozialen Medien auf. Freunde und Wegbegleiter beschreiben ihn als nüchtern, strategisch denkend und nahezu asketisch. Er gilt als jemand, der lieber arbeitet als sich im Rampenlicht zu sonnen.
Investitionen und weitere Aktivitäten
Neben Meituan ist Wang Xing auch als Investor aktiv. Er hält Beteiligungen an mehreren Technologieunternehmen in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Robotik und Lieferlogistik. Viele seiner Investments tätigt er über Meituans Innovationsarm oder über seine persönliche Stiftung. Auffällig ist dabei seine Strategie, gezielt in Zukunftstechnologien mit hohem Automatisierungspotenzial zu investieren – ein klarer Hinweis darauf, dass Wang an eine weitreichende Transformation der Dienstleistungswirtschaft glaubt.
Fazit: Ein Visionär im Spannungsfeld zwischen Innovation und Politik
Wang Xing ist mehr als nur der CEO von Meituan – er verkörpert die Ambitionen und Herausforderungen einer ganzen Generation chinesischer Internetunternehmer. Sein Werdegang vom Studenten in Delaware zum Tech-Milliardär in Peking zeigt eindrucksvoll, wie visionäre Ideen, strategisches Denken und politische Anpassungsfähigkeit zusammenwirken können. Doch die Zukunft wird zeigen, wie gut Wang Xing die Balance zwischen wirtschaftlichem Erfolg und staatlicher Kontrolle dauerhaft halten kann. Sicher ist: Seine Rolle im digitalen Wandel Chinas ist noch lange nicht ausgespielt.