Deutschland, Unternehmer

Kunstsammler
Thomas Olbricht im Porträt

Uhr
Thomas Olbricht

picture alliance / Caroline Seidel/dpa | Caroline Seidel

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Thomas Olbricht wurde 1948 im sächsischen Wernesgrün geboren. Seine akademische Reise begann mit einem Studium der Chemie in Marburg und Bochum, das er 1974 mit der Promotion zum Doktor der Naturwissenschaften abschloss. Doch sein Wissensdurst war damit nicht gestillt: Anschließend widmete er sich der Medizin an der Universität Essen und erlangte 1979 den Titel Dr. med.

Medizinische Karriere und Spezialisierung

In den folgenden Jahren etablierte sich Olbricht als angesehener Mediziner. 1989 erhielt er in Essen die Venia legendi für Innere Medizin und Endokrinologie, was ihm die Lehrbefugnis in diesen Fachgebieten verlieh. 1994 folgte die Ernennung zum Professor für Innere Medizin. Im selben Jahr gründete er eine eigene Praxis für Endokrinologie, in der er seine Patienten nicht nur mit Fachwissen, sondern auch mit Empathie betreute.

Thomas Olbrichts unternehmerische Verantwortung bei Wella

Neben seiner medizinischen Laufbahn engagierte sich Thomas Olbricht auch im Familienunternehmen Wella AG, dem bekannten Hersteller von Haarpflegeprodukten. Ab 1992 war er Mitglied des Aufsichtsrats und übernahm 2002/2003 dessen Vorsitz. Während dieser Zeit spielte er eine entscheidende Rolle bei strategischen Entscheidungen, die das Unternehmen nachhaltig prägten.

Eine der bedeutendsten Entscheidungen in Olbrichts unternehmerischer Laufbahn war der Verkauf der Wella AG an den US-Konzern Procter & Gamble. Für seine Anteile erhielt er dabei 165 Millionen Euro. Dieser Schritt markierte einen Wendepunkt in der Geschichte des Familienunternehmens und ermöglichte Olbricht, sich vermehrt anderen Leidenschaften zu widmen.

Die Anfänge der Sammelleidenschaft: Olbricht Collection

Schon in jungen Jahren entwickelte Thomas Olbricht eine Faszination für das Sammeln. Bereits im Alter von fünf Jahren begann er mit dem Sammeln von Spielzeugautos, Briefmarken und später Schmetterlingen. Diese frühe Leidenschaft legte den Grundstein für seine spätere Tätigkeit als Kunstsammler.

Seit 1986 widmete sich Olbricht intensiv dem Aufbau seiner Kunstsammlung. Sein Fokus lag dabei zunächst auf zeitgenössischer Kunst, später erweiterte er die Sammlung um Werke aus der Renaissance und dem Barock. Die Olbricht Collection wuchs im Laufe der Jahre zu einer der umfangreichsten privaten Kunstsammlungen Europas heran, mit mehreren tausend Werken von über 250 Künstlern, darunter renommierte Namen wie Gerhard Richter, Thomas Demand, Marlene Dumas, Cindy Sherman, Jonas Burgert und Eric Fischl.

Gründung des me Collectors Room in Berlin

Um seine Sammlung einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, eröffnete Olbricht 2010 den me Collectors Room in der Berliner Auguststraße. Auf einer Fläche von 1.300 Quadratmetern wurden dort wechselnde Ausstellungen präsentiert, die sowohl Werke der Olbricht Collection als auch Exponate anderer internationaler privater Kunstsammlungen zeigten. Ein besonderes Highlight war die permanent installierte Wunderkammer, die über 300 Exponate aus Renaissance und Barock umfasste.

Die Wunderkammer im me Collectors Room bot den Besuchern einen Einblick in die Sammlungspraktiken vergangener Jahrhunderte. Sie beherbergte eine Vielzahl von Objekten, darunter Kunstwerke, Antiquitäten, Raritäten, Möbel, anatomische Modelle und ausgestopfte Tiere. Diese eklektische Sammlung spiegelte Olbrichts Interesse an der Vielfalt menschlicher Kreativität und Wissenschaft wider.

Schließung des me Collectors Room und Versteigerung der Werke

Im Mai 2020 gab Thomas Olbricht bekannt, seinen Sitz von Berlin ins Ruhrgebiet zu verlegen und den me Collectors Room zu schließen. Mit der letzten Ausstellung „10 years me Collectors Room Berlin“ beendete er dieses Kapitel und entschied sich, einen Großteil seiner Objekte zu veräußern. Dieser Schritt ermöglichte es ihm, sein Engagement verstärkt auf die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen zu fokussieren.

Nach der Schließung des me Collectors Room wurden etwa 300 Werke der Olbricht Collection beim Auktionshaus VAN HAM versteigert. Die Auktion erzielte ein beeindruckendes Gesamtergebnis von 2,5 Millionen Euro und stellte über 20 internationale Auktionsrekorde auf. Zahlreiche Werke übertrafen ihre Schätzpreise deutlich, was die hohe Qualität und Bedeutung der Sammlung unterstrich.

Thomas Olbricht und die Philosophie des Sammelns

Für Thomas Olbricht war das Sammeln stets mehr als nur das Anhäufen von Objekten. In einem Interview betonte er, dass das Sammeln für ihn eine Mischung aus „Sucht, Sehsucht und Sehnsucht“ sei. Diese Leidenschaft trieb ihn an, stets neue Werke zu entdecken und seine Sammlung kontinuierlich zu erweitern. Zudem reizt es ihn, ein greifbares Objekt zu besitzen, besonders mit Blick auf die Verlagerung von Lebens- und Wissenswelten in den digitalen Raum.

Durch sein Engagement als Sammler und Mäzen hatte Olbricht einen erheblichen Einfluss auf die deutsche und internationale Kunstszene. Sein Vermögen wurde vom Manager Magazin im Oktober 2024 auf 900 Millionen Euro geschätzt.

 

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