Der Name von Stefan Persson ist in der Öffentlichkeit weniger bekannt als die Buchstaben seines Unternehmens: H&M. Doch ein genauer Blick auf den Mann hinter dem Modegiganten enthüllt vieles über modernen Familienunternehmergeist, strategisches Wachstum und die Rolle eines Multimilliardärs in einer globalisierten Welt.

Denise und Stefan Persson © picture alliance / IBL Schweden | Ola Axman / IBL Bildbyrå
Stefan Persson wuchs in einem Handelshaus auf
Stefan Persson erblickte am 4. Oktober 1947 in Stockholm das Licht der Welt. Sein Vater Erling Persson hatte nur wenige Monate zuvor Hennes – später bekannt als Hennes & Mauritz – in Västerås gegründet. Das Unternehmertum liegt also gewissermaßen in der DNA dieser Familie. Früh hatte der junge Persson Gelegenheit, in das florierende Geschäft hineinzuschnuppern. Die Modebranche war in Schweden damals nicht so international ausgerichtet, doch der Vater strebte von Beginn an eine größere Reichweite an.
In Stefan Perssons Jugend standen der Kontakt zu den Mitarbeitern des Unternehmens und die Beobachtung des Tagesgeschäfts weit oben auf seiner privaten „Lernliste“. Von seinem Vater erbte er die Überzeugung, man müsse Trends erkennen und gleichzeitig Qualität und Preis attraktiv gestalten. Vieles, was später als erfolgreiche Expansionsstrategie galt, fußte vermutlich bereits in diesem familiären Umfeld. Ob er dadurch schon in jungen Jahren einen Berufswunsch entwickelte, blieb lange unklar. Die Tradition, früh Verantwortung im väterlichen Betrieb zu übernehmen, setzte sich jedoch konsequent fort.
Studium und erste Schritte im Unternehmen
Die Frage nach einer akademischen Laufbahn wird in einigen Quellen nur am Rande gestreift. Offizielle und gesicherte Angaben dazu sind rar. Tatsächlich lässt sich belegen, dass Persson in den 1970er-Jahren ins Unternehmen einstieg und sich schrittweise auf Führungsaufgaben vorbereitete. Eine klassische akademische Karriere mit klaren Abschlüssen wird seltener thematisiert. Es stand für ihn offensichtlich im Vordergrund, praktische Erfahrungen zu sammeln und das Unternehmen weiterzuentwickeln.
Ob er außerhalb des Familienunternehmens Stationen absolviert hat, ist kaum dokumentiert. Gesichert ist, dass er noch vor Vollendung seines 30. Lebensjahres bei H&M Aufgaben im Management übernahm. Sein Augenmerk lag dabei auf der Modernisierung des Filialnetzes und auf der Ausdehnung in weitere Märkte. Die Expansionslust stammte ursprünglich vom Vater, der schon früh erkannt hatte, dass günstige Mode in guter Qualität international Anklang finden würde. Stefan Persson machte sich jedoch daran, diesen Gedanken strukturiert umzusetzen.
Vom Familienbetrieb zum globalen Modeimperium
In den 1980er-Jahren rückte Stefan Persson in die zentrale Führungsposition auf: Zunächst war er von 1982 bis 1997 Geschäftsführer (CEO). Im Anschluss übernahm er ab 1998 den Posten des Vorstandsvorsitzenden, den er bis 2020 innehatte. Unter seiner Leitung expandierte H&M in kurzer Zeit auf zahlreiche neue Märkte. Heute ist das Unternehmen in mehr als 70 Ländern präsent und betreibt weltweit tausende Filialen, dazu kommen Online-Shops.
Diese globale Präsenz war nicht nur das Ergebnis günstiger Preise. Persson galt als jemand, der Mode zielgruppenspezifisch anpassen konnte, zugleich aber einen hohen Wert auf das Markenimage legte. So entstanden Kooperationen mit bekannten Designern und Stars. Damit wurde H&M zu einer beliebten Marke im breiten Massenmarkt, die trotzdem Trends setzte und Designer-Flair erschwinglich machte. Die Vision eines auch im oberen Marktsegment akzeptierten Fast-Fashion-Händlers erwies sich als lukrativ.
Vermögen und wirtschaftliche Bedeutung
Einige Zeit galt Stefan Persson als reichster Europäer, was auf die Erfolgskurve von H&M zurückzuführen ist. Zwar schwankt das Vermögen je nach Börsenlage und Marktperformance des Konzerns, doch in Rankings renommierter Wirtschaftsmagazine taucht sein Name regelmäßig weit oben auf. Seriöse Schätzungen nennen derzeit einen Wert zwischen 15 und 20 Milliarden US-Dollar, was ihn zu einem der wohlhabendsten Schweden macht.
Weitreichend sind auch die Auswirkungen seiner wirtschaftlichen Entscheidungen. In Schweden zählt das Unternehmen zu den größten Arbeitgebern. Anders als einige Modemarken, die sich nach außen hin exklusiv geben, setzte H&M stets auf breite Kundschaft. Der Erfolg basierte auf Massenproduktion, schnellen Wechseln der Kollektionen und einer starken Logistik. Dass Persson diesen Weg mitgestaltet hat, wird selten ähnlich spektakulär präsentiert wie bei manch anderem Top-Manager. Er neigt eher zu leisen Tönen als zum großen Auftritt.
Lebensstil und Privatleben von Stefan Persson
Stefan Persson zeigt sich öffentlich nur gelegentlich. In der Klatschpresse taucht er kaum auf. Er führt keinen extravaganten Jetset-Lifestyle, wie ihn manche Großunternehmer zelebrieren. Der Lebensmittelpunkt blieb lange in Stockholm, wo er mehrere Immobilien besitzt. Darüber hinaus verfügt er über Anwesen in Großbritannien und auf dem schwedischen Land. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass ihm ein gewisses Maß an Privatheit und familiärem Rückzugsraum wichtig ist.
Ein besonderer Fokus liegt auf seiner Familie. Perssons Kinder sind ebenfalls in das Unternehmensumfeld eingebunden. Sein Sohn Karl-Johan Persson war ab 2009 bis 2020 CEO von H&M und folgte seinem Vater später auch als Vorstandsvorsitzender. Diese Generationenfolge sichert nicht nur den Fortbestand des Unternehmens in Familienhand, sondern zeigt, dass das Traditionsunternehmen seit 1947 eine fast lückenlose Weitergabe von Wissen und Verantwortung erlebt.
Gesellschafter, Ratgeber, Vaterfigur
Mit dem Wechsel des Vorstandsvorsitzes in die Hände seines Sohnes zog sich Stefan Persson aus dem Tagesgeschäft zurück, bleibt jedoch Großaktionär und einflussreicher Ratgeber. Bei der strategischen Ausrichtung berät er den Familienclan weiterhin. Die Rolle als Hauptanteilseigner bewahrt ihm ein Mitspracherecht, ohne dass er sich regelmäßig auf medialen Bühnen präsentieren muss.
In Schwedens Wirtschaft ist Persson zudem eine Art Vorbild für Familienunternehmen, die globalisieren möchten. Er zeigt, dass ein Modekonzern mit raschem Wechsel der Kollektionen und zum Teil aggressiver Preispolitik trotzdem in familiärer Atmosphäre geführt werden kann. Die Kombinationsfähigkeit von Tradition und Moderne ist ein wesentlicher Faktor für H&Ms Erfolg. Dass Persson dabei an seiner zurückhaltenden, nordisch anmutenden Art festhält, ist in den Branchenkreisen längst sprichwörtlich.
Gesellschaftliche Verantwortung und Philanthropie
Zahlreiche Berichte nennen Stefan Perssons gemeinnütziges Engagement. Er unterstützt Projekte im Bereich Bildung und Gesundheit. Außerdem gehört er zu den Gründern der Mentor Foundation, einer Organisation, die sich der Suchtprävention bei Jugendlichen widmet. Dabei arbeitete er eng mit Königin Silvia von Schweden zusammen. Ob hohe Summen an andere Institutionen fließen, ist kaum öffentlich bekannt. Der Unternehmer kommuniziert seine Spendenpolitik selten persönlich.
Sein wohltätiges Wirken hat in Schweden für Aufmerksamkeit gesorgt, weil H&M als Konzern gelegentlich in die Kritik gerät. Die diskrete Art der Spenden kann einerseits als vornehm gelten, andererseits führt sie bei Kritikern zu der Frage, ob Transparenz fehlt. Klar ist, dass er dem Thema Jugendförderung eine hohe Bedeutung beimisst und mit ausgesuchten Programmen, häufig im Hintergrund, unterstützt.
Politische Positionen: Zurückhaltung auf ganzer Linie
Von großen politischen Reden oder Aktivitäten Stefan Perssons ist wenig zu hören. Offizielle Parteispenden oder Politikerfreundschaften bleiben, sofern vorhanden, weitgehend unter Verschluss. Anders als manche Unternehmerikonen, die sich aktiv in öffentliche Debatten einschalten, verfolgt er eine Politik der Stille. Das hat in Schweden Tradition: Viele reiche Familien vermeiden es, sich zu laut in Staatsangelegenheiten einzumischen.
Diese Neutralität bedeutet nicht, dass Persson unpolitisch wäre. Schweden zeichnet sich durch ein eng verzahntes Verhältnis zwischen Politik und Wirtschaft aus, was oft über Gremien und Verbände funktioniert. Persson nutzt sein Ansehen in diesen Kreisen durchaus, um bestimmte Anliegen zu fördern, darunter Fragen der Bildungs- und Wirtschaftsförderung. Ein aktiver Wahlkampf oder eine medienwirksame Positionierung ist jedoch nicht sein Stil.
Kontroversen und Kritikpunkte
Ein multinationaler Modekonzern bleibt selten frei von Kritik. Auch H&M sah sich wiederholt mit Vorwürfen konfrontiert, die Produktionsbedingungen oder die Löhne der Fabrikarbeiter in Asien und anderen Regionen seien verbesserungswürdig. In solchen Debatten rückt automatisch auch die Person des Großaktionärs in den Fokus. Stefan Persson wird vorgehalten, er habe lange zu wenig Transparenz bezüglich der Lieferkette eingefordert.
Bisweilen sorgten auch Schnelllebigkeit und Konsumverhalten für Diskussionen, da die Fast-Fashion-Branche generell den Ruf hat, zu viel Ware in zu kurzer Zeit zu produzieren. Persson trat dabei jedoch selten in Erscheinung. Diese Zurückhaltung ermöglichte es Kritikern, zu monieren, der wichtigste Mann im Hintergrund ziehe sich aus der Verantwortung. In den letzten Jahren haben sich sowohl Konzernleitung als auch Familie Persson um ein nachhaltigeres Bild bemüht: Recyclingaktionen und kollektive Bemühungen um umweltfreundlichere Materialien werden zunehmend thematisiert.
Familienunternehmen mit internationalem Einfluss
Dass in einer sich rasant wandelnden Konsumwelt Tradition noch einen Wert besitzt, veranschaulicht H&M. Obwohl längst ein Großkonzern, hängt vieles weiter von den Entscheidungen der Gründerfamilie ab. Stefan Perssons Rücktritt als Vorstandsvorsitzender im Jahr 2020 markierte eine neue Phase. Sein Sohn Karl-Johan übernahm, ähnlich wie Stefan einst von seinem Vater Erling.
Diese Kontinuität verbindet drei Generationen, die jeweils in ihrer Zeit den Markt umkrempelten. Was in den 1940er-Jahren als einzelnes Damenmodegeschäft begonnen hatte, wurde unter Stefan Persson zu einer internationalen Marke. Nun ist eine weitere Generation aktiv, die in einer digitalisierten Welt neue Hürden meistern muss: E-Commerce, nachhaltigere Produktion und verschärfter Wettbewerb erfordern Anpassungen in hoher Geschwindigkeit.