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Der diskrete Milliardär: Stanley Kroenke im Porträt

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picture alliance / ASSOCIATED PRESS | David Zalubowski

Stanley Kroenke mischt im Sport in den USA ebenso wie in Europa ganz vorn mit. Sein zweites Standbein ist der Immobiliensektor.

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Stanley Kroenke gilt als einer der einflussreichsten Investoren im internationalen Sportgeschäft. Hinter seinem zurückhaltenden Auftreten und seinem Spitznamen „Silent Stan“ verbirgt sich ein Unternehmer, der ein Firmenimperium auf mehreren Kontinenten kontrolliert. Sein Werdegang begann in einem kleinen Dorf in Missouri und führte bis in die Höhen globaler Finanzmärkte.

Ein Junge aus Missouri

Stanley Kroenke erblickte am 29. Juli 1947 in Columbia, Missouri, das Licht der Welt. Er verbrachte jedoch seine Kindheit hauptsächlich in der Kleinstadt Mora, die kaum mehr als zwei Dutzend Einwohner hatte. Dort lernte er schnell den Wert harter Arbeit kennen. Sein Vater betrieb einen kleinen Holzhandel, in dem der junge Stan schon früh mit anpackte. Sobald die Schule endete, warteten die Aufgaben in der väterlichen Firma: Bretter stapeln, Rechnungen austragen und die wesentlichen Dinge des Arbeitsalltags verinnerlichen.

Die ländliche Umgebung sowie die Erfahrungen aus dem Familienbetrieb beeinflussten ihn nachhaltig. Er erkannte früh, dass Geschäftssinn und Ausdauer grundlegend sind, um wirtschaftlich voranzukommen. Die Schule besuchte er in der Nähe, bevor er später die Universität in Columbia, Missouri, absolvierte. Diesen Bildungsweg ebnete er sich mit Stipendien und Nebenjobs, sodass er die Finanzierung weitgehend selbst stemmen konnte. Dank des Studienabschlusses in Betriebswirtschaft, kombiniert mit seiner Erfahrung im Holzhandel, konnte er den Grundstein für seine späteren unternehmerischen Aktivitäten legen.

Erste Geschäftsschritte und Immobilieninvestitionen

In jungen Jahren entdeckte Kroenke den Immobiliensektor für sich. Schon während des Studiums analysierte er lokale Märkte und mögliche Bauprojekte. Seine ersten Investitionen führten ihn in den Bau von Einkaufszentren und Wohnanlagen. Dabei wählte er eine Strategie, die auf langfristigen Wertzuwachs abzielte, anstatt nur auf kurzfristige Gewinne. Geschicktes Verhandeln, sorgfältige Standortwahl und ein konservatives Finanzierungsmodell halfen ihm, seine Projekte erfolgreich zu gestalten.

Dieser Fokus auf Immobilien blieb sein Fundament. Seine Holdinggesellschaft begann, sich systematisch in lukrativen Regionen der Vereinigten Staaten zu engagieren. Einkaufszentren in kleineren Städten gehörten ebenso zum Portfolio wie repräsentative Bürogebäude in größeren Metropolen. Experten beschrieben ihn schon damals als Vordenker, der lieber im Hintergrund bleibt. Selbst als sein Immobilienvermögen immer weiter wuchs, suchte er nicht das Rampenlicht, sondern investierte still, aber stetig.

Sportliche Ambitionen: Einstieg in den US-Sport

Die größte öffentliche Aufmerksamkeit erlangte Kroenke jedoch erst, als er begann, in das nordamerikanische Profisportgeschäft einzusteigen. Er identifizierte Sportteams als attraktive Geldanlagen, weil sie meist eine treue Anhängerschaft haben und große Fernseh- und Marketingeinnahmen generieren. Darüber hinaus reizten ihn die Möglichkeiten, Arenen und umliegende Immobilien zu entwickeln. Sein erstes Engagement war der Erwerb kleinerer Anteile an verschiedenen Sportorganisationen. Schon bald weitete er dieses Interesse auf ganze Teams aus.

Im Laufe der Jahre wurde er Mehrheitseigentümer der Los Angeles Rams aus der National Football League, der Denver Nuggets aus der National Basketball Association, der Colorado Avalanche aus der National Hockey League und der Colorado Rapids aus der Major League Soccer. Diese Konzentration auf unterschiedliche Ligen brachte ihn in den Kreis der einflussreichsten Sportteambesitzer in den Vereinigten Staaten. Er stellte außerdem eine langfristige Strategie auf, um die Vermarktung seiner Clubs systematisch zu erweitern. Die Erträge aus Fernsehübertragungen, Ticketverkäufen und Merchandising stiegen deutlich.

Parallel entwickelte Kroenke hochmoderne Stadien und Arenen, wie zuletzt das wegweisende Stadionprojekt in Inglewood nahe Los Angeles, das unter anderem als Heimat für die Los Angeles Rams dient. Diese Infrastrukturmaßnahmen verschafften ihm zusätzliche Einnahmequellen durch Konzerte, Eventbuchungen und Sponsorenverträge. Im Ergebnis wuchs sein Einfluss, auch wenn sein Spitzname „Silent Stan“ verdeutlichte, dass er öffentlich kaum Stellung bezieht. In der Sportwelt passte dieses Vorgehen nur bedingt zur lauten Inszenierung vieler Teamowner, was sein Image zusätzlich prägte.

Engagement über die Landesgrenzen hinaus

Nicht nur in den Vereinigten Staaten, auch im Vereinigten Königreich baute Kroenke eine bedeutende Position auf. Über mehrere Jahre hinweg erhöhte er schrittweise seine Beteiligung am Fußballverein Arsenal in der englischen Premier League. Der Verein hat eine lange Tradition und einen treuen Fanstamm. Nach und nach gelang es ihm, die Mehrheitsanteile an Arsenal zu sichern und das operative Geschäft zu bestimmen. Dieser Schritt führte zu heftigen Diskussionen in Großbritannien, da ein amerikanischer Investor selten auf Begeisterung stößt, wenn er sich bei einem traditionellen Klub engagiert. Viele Fans warfen ihm zu viel Zurückhaltung und eine unzureichende Kommunikation über sportliche Ziele vor. Dennoch stabilisierte Arsenal wirtschaftlich seine Position – nicht zuletzt, weil Kroenke auch hier sein Gespür für die Verknüpfung von Sport und Immobilien einbrachte.

Entwicklung des Vermögens

Laut der renommierten Finanzzeitschrift Forbes wurde Kroenkes Vermögen in den vergangenen Jahren kontinuierlich größer. Die Milliardengrenze überschritt er erstmals in den 90er- und frühen 2000er-Jahren, als seine Immobilienprojekte landesweit für Aufsehen sorgten. Der Einstieg in den Profisport gab seinem Vermögen einen zusätzlichen Schub. Aktuell wird sein Nettovermögen auf rund 16,9 Milliarden US-Dollar beziffert. Der Wert schwankt je nach Immobilien- und Börsenkursen, doch der Trend zeigt deutlich nach oben.

Entscheidend war die Kombination aus Immobilienbesitz, Sportinvestitionen und anderen Unternehmensbeteiligungen. Der Schritt ins europäische Fußballgeschäft erweiterte seinen Aktionsradius und verschaffte ihm Zugang zu weiteren Märkten im Medien- und Werbeumfeld. Gleichzeitig wirkte sich der allgemeine Boom von US-Sportligen positiv auf seine Bilanzen aus. Die enorm steigenden Fernsehgelder, insbesondere für die National Football League, versprachen konstante Einnahmen und steigende Franchise-Werte.

Die Ehe mit der Walton-Erbin

Eine häufig diskutierte Facette in Kroenkes Lebenslauf ist seine Heirat mit Ann Walton. Sie ist die Tochter von Bud Walton, dem Bruder des Walmart-Gründers Sam Walton. Diese Ehe sorgte für vielfältige Spekulationen darüber, welchen Einfluss das Vermögen der Waltons auf Kroenkes Geschäftsaktivitäten hatte. Tatsächlich ermöglichte ihm das familiäre Umfeld frühzeitig Einblicke in weitreichende Handelsstrukturen und finanzielle Netzwerke.

Ann Walton selbst ist als Miterbin an Walmart beteiligt. Die Verbindung zum Walmart-Imperium bietet Zugang zu Kontakten in die Spitze amerikanischer Konzerne. Kroenke blieb jedoch unternehmerisch eigenständig und gründete seine Firmenimperien hauptsächlich aus eigenen Projekten heraus. Die Beziehung brachte ihm allerdings mehr Sichtbarkeit in der Geschäftswelt. So konnte er schneller als andere Investoren Kooperationspartner finden und Großprojekte realisieren. Trotz seiner Unabhängigkeit in der Führung seiner Unternehmen ist kaum zu leugnen, dass die Heirat sein ohnehin beachtliches finanzielles Fundament weiter festigte.

Gesellschaftliches Engagement und politisches Wirken

Kroenke hält sich politisch weitgehend zurück, hat aber in der Vergangenheit an mehrere Politiker und Parteien gespendet. Öffentliche Statements zu politischen Streitfragen bleiben rar. Stattdessen lenkt er seine Aufmerksamkeit vor allem auf geschäftliche Vorhaben und den Ausbau seiner verschiedenen Investments. Im philanthropischen Bereich ist sein Name nicht so stark im Vordergrund wie bei manchen anderen Milliardären. Dennoch unterstützt er ausgewählte Initiativen in seiner Heimatregion, insbesondere die Universität von Missouri. Förderungen gehen etwa an den Sport- und Ausbildungsbereich, wo er jungen Talenten eine Perspektive ermöglicht.

Kontroversen und Kritikpunkte

Trotz seines Erfolgs zieht Kroenke auch Kritik auf sich. Vor allem der Umzug der Rams von St. Louis nach Los Angeles sorgte für massive Proteste. Fans in St. Louis fühlten sich betrogen, da ihre Stadt das Team jahrelang unterstützt hatte. Nach Ansicht vieler Beobachter wurde die Entscheidung vor allem von finanziellen Motiven getragen. Kroenke argumentierte, dass ein moderneres Stadion und die Nähe zum größten US-Medienmarkt langfristige Stabilität sichern würden. Rechtlich hatte er als Eigentümer freie Hand. Dennoch beschädigte der Umzug sein Image und führte zu hitzigen Debatten über die Verantwortung von Teambesitzern gegenüber lokalen Fan-Communitys.

Auch die Situation bei Arsenal in London sorgte für Unmut. Viele Anhänger beklagten, dass der Verein unter Kroenkes Regie zu wenig in weltweite Spitzenspieler investierte. Kritische Stimmen behaupteten, er behandle den Klub vor allem als Investment und nicht als sportliche Herzensangelegenheit. Andererseits führten wirtschaftlich solide Strukturen zu einer erheblichen Stabilisierung der Finanzen. Die Spannungen zwischen Tradition und Ökonomie sind dabei für viele große Vereine typisch, Kroenke geriet allerdings wegen seiner „stillen“ Art besonders in den Fokus.

Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft

In den Vereinigten Staaten nimmt Kroenke eine zentrale Stellung ein. Er kontrolliert mehrere wichtige Sportorganisationen, besitzt zahlreiche Immobilien und kooperiert mit mächtigen Geldgebern. Sein Einfluss reicht weit über Vereinsgrenzen hinaus. Medienunternehmen, Sponsoren und Sportligen betrachten ihn als zentralen Akteur, der große Verhandlungsvolumina bewegt. Die Stadien seiner Teams dienen nicht nur dem Sport, sondern fungieren als moderne Multifunktionsarenen. Sie locken Musikkonzerte und internationale Großveranstaltungen an. Daraus entstehen erhebliche touristische Umsätze für die jeweiligen Regionen.

Im globalen Kontext zählt er zu jenen Superreichen, deren Aktivitäten in Europa genauso beobachtet werden wie in Nordamerika. Seine Rolle spiegelt den Trend, dass Sportvereine längst internationale Unternehmen geworden sind, die vielfältige Synergien mit Immobilienwirtschaft, Medienhäusern und werbetreibenden Großkonzernen eingehen. Kroenkes Beispiel zeigt, wie gezielte Investments in Sport zu einem mächtigen Wirtschaftsfeld werden können.

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