WALLDORF (dpa-AFX) – Europas größter Softwarehersteller SAP <DE0007164600> legt an diesem Montag (22. Juli) nach US-Börsenschluss die Zahlen für das zweite Quartal vor.
DAS ERWARTET DER KONZERN:
SAP-Chef Christian Klein hat den Anlegern in Aussicht gestellt, dass es dieses Jahr vor allem beim Cloudwachstum und dem bereinigten operativen Ergebnis weiter schwungvoll nach oben geht. Der Umsatz mit Software zur Nutzung über das Netz soll währungsbereinigt um 24 bis 27 Prozent zulegen.
Speziell mit der Kernsoftware zur Unternehmenssteuerung wie Finanzen, Warenwirtschaft und Prozessverbesserungen (ERP – Enterprise Resource Planning) aus der Cloud hat sich Klein viel vorgenommen, um unter anderem den US-Erzrivalen Oracle <US68389X1054> in diesem Bereich in Schach zu halten.
Insgesamt sollen die Produkterlöse um 8 bis 10 Prozent steigen, wenn Währungseffekte ausgeklammert werden. Das ehemals angestammte Geschäft mit Lizenzerlösen für vor Ort installierte Software steht bei den Walldorfern hintan, weil Klein nur den Cloudanwendungen Zukunftschancen einräumt. Diese sollen zugleich die Kunden stärker binden. Die eingeworbenen Abo-Verträge und Buchungen für die Cloud stehen daher regelmäßig im Blick der Investoren als Gradmesser für künftiges Wachstum.
Die erhöhten Investitionen der früheren Jahre sollen 2024 Früchte tragen und das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis noch stärker nach oben treiben als bereits im Vorjahr. Dieses Ergebnis will SAP währungsbereinigt um 17 bis 21 Prozent steigern. Die operative Marge dürfte daher weiter zulegen.
SAP rechnet die Kosten für aktienbasierte Vergütungen der Beschäftigten nicht mehr aus dem bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern heraus. Das könnte für Schwankungen beim operativen Ergebnis sorgen. Der Kostenblock ist bei SAP ein großer Posten: Im vergangenen Jahr waren es 2,2 Milliarden Euro.
Im bisherigen Jahresverlauf hat die Aktie gut ein Drittel zugelegt, was entsprechend für Mehrkosten sorgen könnte. Da mehr und mehr der Vergütungsansprüche über tatsächliche Aktien abgegolten werden sollen und nicht mehr in bar, dürften sich die Schwankungen bei dem Posten künftig jedoch reduzieren. SAP hat in jüngerer Zeit einige Aktien zurückgekauft, um die Ansprüche zu bedienen.
Ein weiterer Faktor ist das zu Jahresbeginn verkündete Programm zum Stellenabbau. Damit will Klein den Konzern stärker auf Programme rund um Künstliche Intelligenz (KI) ausrichten und künftig auch deutlich sparen. 8000 der bisherigen Stellen fallen weg. Zwei Drittel der Betroffenen sollen das Unternehmen über Vorruhestand und Abfindungen verlassen, der Rest könnte in anderen Positionen bleiben. Der Umbau dürfte den Konzern mindestens 2,2 Milliarden Euro kosten, die bereits im ersten Quartal verbucht wurden. Der Betrag könnte sich noch erhöhen, denn das Abfindungsprogramm ist beliebt – so könnten noch mehr Stellen abgebaut werden als bisher gedacht.
In diesem Jahr rechnet SAP noch nicht mit nennenswerten Einsparungen bei den laufenden Kosten durch den Stellenabbau. 2025 aber soll eine Entlastung von rund 500 Millionen Euro greifen – obwohl SAP durch Neuanstellungen Ende 2024 insgesamt mit einer ähnlich hohen Mitarbeiterzahl rechnet wie zu Jahresbeginn (107 602 Vollzeitbeschäftigte).
Die Mittelfristziele von Klein sehen dann für 2025 weitere Zuwächse vor. Dann soll der Gesamtumsatz auf mehr als 37,5 Milliarden Euro klettern (2023: 31,2), davon aus der Cloud mehr als 21,5 Milliarden Euro (2023 fortgeführte Geschäfte: 13,7). Das bereinigte operative Ergebnis plant SAP 2025 bei rund 10 Milliarden Euro ein (2023 angepasst: 6,5). Darüber hinaus hat SAP den Investoren versprochen, das Umsatzwachstum bis mindestens ins Jahr 2027 beschleunigen zu wollen.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
SAP sollte auch im zweiten Quartal vom Lauf in der Cloud profitiert haben und den Umsatz in der Sparte nach Meinung der Analysten um ein Viertel gesteigert haben. Wegen des Rückgangs bei den Lizenzerlösen für fest installierte Software läuft es damit den Experten zufolge auf ein Umsatzplus von insgesamt 9 Prozent auf 8,25 Milliarden Euro hinaus. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) wird von den Fachleuten auf 1,81 Milliarden Euro taxiert und damit 24 Prozent über Vorjahr.
Das Potenzial für eine Beschleunigung des Umsatzwachstums werde immer noch nicht ausreichend vom Markt gewürdigt, schrieb jüngst JPMorgan-Branchenexperte Toby Ogg. Die Investoren fühlten sich dank des Umstiegs von Kunden auf neuere Software bei SAP vergleichsweise wohl, während US-Rivalen aus dem weiteren Branchenumfeld Gegenwind vom Wirtschaftsumfeld signalisiert hätten. Bei der vom SAP-Management geäußerten Zuversicht für schnelleres Umsatzwachstum über 2027 hinaus seien viele Anleger seiner Auffassung nach jedoch skeptisch.
Für UBS-Analyst Michael Briest sticht SAP derzeit aus dem Branchenumfeld heraus, weil das Unternehmen sich bildlich gesprochen „sein Wetter selbst machen“ könne. Er verwies auf Aussagen von Finanzchef Dominik Asam zur möglichen Umwandlung bestehender herkömmlicher Wartungsverträge in Cloud-Abonnements. Schon Ende des ersten Quartals seien zudem bis zu 85 Prozent des Jahresumsatzziels durch Vertragszusagen gedeckt gewesen. Mit Änderungen am Ausblick rechnet Briest derzeit jedoch nicht.