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Nachhaltigkeitsberichterstattung: Pflicht für Firmen

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Team erstellt Unternehmensberichte – Tisch mit Laptop und vielen Dokumenten.

123rf.com | dookdui

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Die Nachhaltigkeitsberichterstattung-Pflicht rückt für zahlreiche Unternehmen in greifbare Nähe. Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird die Erstellung eines standardisierten Nachhaltigkeitsberichts zur unternehmerischen Aufgabe. Sie fordert ein neues Maß an Transparenz über ökologische, soziale und gesellschaftliche Auswirkungen wirtschaftlicher Tätigkeiten – weit über bisherige nicht-finanzielle Berichterstattungen hinaus.

Wer ist zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet?

Mit der CSRD führt die Europäische Union einen Paradigmenwechsel in der Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit ein. Statt punktueller freiwilliger Angaben rückt die ganzheitliche, prüfpflichtige Offenlegung in den Fokus. Die umfangreiche Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit wird stufenweise eingeführt und betrifft folgende Unternehmensgruppen:

  • Ab Geschäftsjahr 2024: Alle Unternehmen, die bereits der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) unterliegen (i. d. R. kapitalmarktorientierte Großunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden), sind zur Berichterstattung verpflichtet.
  • Ab Geschäftsjahr 2025: Alle anderen großen Unternehmen, sofern sie mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen (mehr als 250 Mitarbeitende, mehr als 25 Mio. Euro Bilanzsumme, mehr als 50 Mio. Euro Nettoumsatz) müssen die Vorgaben einhalten.
  • Ab Geschäftsjahr 2026: Kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU), sofern sie diese Kriterien dauerhaft überschreiten, müssen entsprechende Berichte erstellen. Auf Wunsch ist eine Übergangsfrist bis 2028 möglich.

Zu beachten ist: Zusätzlich können konzernabhängige Unternehmer berichtspflichtig werden, wenn der Mutterkonzern in der EU zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet ist. Somit kann auch bei Finanzierungsverhandlungen, Lieferantenbeziehungen oder ESG-basierten Ausschreibungen die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung faktisch ausgelöst werden.

Nachhaltigkeitsbericht verpflichtend nach CSRD: Einheitlich, umfassend, digital

Verschiedene Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichts-Inhalte haben sich im Vergleich zu früheren Standards substanziell verändert. Die neu geschaffenen Vorgaben basieren auf den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) und beinhalten zahlreiche neue Berichtselemente. Unter anderem gehören zur Nachhaltigkeitsberichterstattung-Pflicht:

  • Strategie und Geschäftsmodell in Bezug auf Nachhaltigkeit im Unternehmen und Auswirkungen auf ESG-Ziele
  • Governance-Strukturen, Zuständigkeiten, Vergütungssysteme und Kontrollmechanismen
  • Wesentlichkeitsanalyse: Bewertung der wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen aus doppelter Perspektive (Auswirkungen des Unternehmens und Risiken für das Unternehmen)
  • Nachhaltigkeitsziele und deren Fortschritte, inklusive Zeitrahmen, KPIs und Zielwerte
  • Risikomanagementsysteme in Bezug auf ökologische, soziale und Governance-Themen
  • Berichtsindikatoren wie CO₂-Bilanzen, Genderverhältnisse und Lieferkettenbewertungen
  • Vergleichbarkeit über Zeiträume und Peer-Gruppen hinweg durch standardisierte Daten

Ein wichtiges Merkmal ist die Integration in den Lagebericht des Unternehmens. Die Nachhaltigkeitsinformationen erscheinen als prüfbarer Bestandteil des regulären Geschäftsberichts. Zusätzlich sind sie maschinenlesbar zu veröffentlichen. Dadurch sollen digitale Auswertungen durch Aufsichtsbehörden, Ratingagenturen und Investoren leichter fallen.

Umsetzung des Nachhaltigkeitsberichts im Unternehmen: strukturierter Fahrplan erforderlich

Die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung erfordert tiefgreifende Anpassungen in Reporting, Unternehmensstrategie und operativen Abläufen. Erfahrungen aus der Praxis zeigen: Die Einführung eines konformen Nachhaltigkeitsberichts erfordert mehr Zeit und Koordination, als viele Unternehmen zunächst annehmen. Vor der ersten Berichtsabgabe sollten folgende Maßnahmen intern in der Firma angestoßen werden:

  • Projektteam bilden: Interdisziplinäre Teams aus Nachhaltigkeit, Finanzen, Recht, HR und IT bilden die Grundlage für eine koordinierte Umsetzung.
  • Wesentlichkeitsanalyse durchführen: Unternehmen müssen klären, welche Themen für sie selbst und für externe Stakeholder wesentlich sind – aus doppelter Perspektive.
  • Gap-Analyse vornehmen: Bestehende Prozesse und Berichtsinhalte werden mit den neuen Anforderungen abgeglichen, um Lücken gezielt zu schließen.
  • IT- und Dateninfrastruktur aufbauen: Eine zentrale ESG-Datenbasis und funktionierende Schnittstellen zu bestehenden Systemen sichern ein effizientes Reporting.
  • Zuständigkeiten definieren: Die Verantwortlichkeiten für Inhalte, Prüfung und Freigaben müssen klar geregelt und dokumentiert sein.
  • Kommunikation mit Stakeholdern aufbauen: Ein frühzeitiger Austausch mit Investoren, Kunden und anderen Anspruchsgruppen schafft Akzeptanz und Verständnis für die neue Berichtstiefe.

Diese genannten Schritte bilden die Grundlage für einen prüffähigen und standardkonformen Nachhaltigkeitsbericht. Wer noch nicht betroffen ist, sich aber schon jetzt vorbereitet, kann Sanktionen vermeiden und Wettbewerbsvorteile erzielen.

Berichtspflicht als strategisches Steuerungsinstrument nutzen

Die Berichtspflicht ist mehr als nur eine formale Vorschrift – sie eröffnet Potenzial zur strategischen Steuerung und Integration von ESG-Themen. Vielmehr bietet die Nachhaltigkeitsberichterstattung-Pflicht Unternehmen einen strukturierten Rahmen, um interne Prozesse nachhaltiger auszurichten und ESG-Themen gezielt zu steuern. Auch für das Reputationsmanagement kann ein transparenter Bericht neue Chancen eröffnen.

Ein fundierter Nachhaltigkeitsbericht kann folgende Wirkungen entfalten:

  • Vertrauen bei Geschäftspartnern und Investoren steigern: Transparente ESG-Berichte wirken sich positiv auf das Fremdbild und die Reputation aus.
  • Zugang zu ESG-Investments und nachhaltiger Finanzierung erleichtern: Viele Kapitalgeber setzen Nachhaltigkeitskennzahlen inzwischen voraus.
  • Risikomanagement verbessern: Die strukturierte Erhebung nichtfinanzieller Risiken ergänzt klassische Controlling- und Compliance-Mechanismen.
  • Rechtssicherheit erhöhen: Die externe Prüfung der Berichte minimiert rechtliche Unsicherheiten und schützt vor Haftungsrisiken.
  • Positionierung im Arbeitsmarkt stärken: Nachhaltigkeitsengagement wirkt sich positiv auf das Arbeitgeberimage aus – insbesondere für jüngere Zielgruppen.

Wer Nachhaltigkeit als festen Bestandteil seiner Strategie begreift, kann auf Veränderungen in Politik, Markt und Gesellschaft flexibel reagieren und sich als verantwortungsvoll geführtes Unternehmen positionieren.

Person mit Laptop, darauf ESG-Daten – im Hintergrund Windräder, Solarpanels und Wald.
Person mit Laptop, darauf ESG-Daten | 123rf.com

Nachhaltigkeitsberichterstattung-Pflicht als strategische Zukunftsaufgabe

Für viele Unternehmen stellt die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung einen tiefgreifenden Wandel mit enormen Aufgaben dar. Gleichzeitig bietet sie die Chance, sich zukunftssicher aufzustellen und nachhaltige Wertschöpfung aktiv zu gestalten. Für Entscheider in mittelständischen Betrieben gilt es, diesen Prozess frühzeitig einzuleiten, fundiert zu begleiten und strukturiert umzusetzen.

Die Frage „Nachhaltigkeitsbericht für Unternehmen als Pflicht – ab wann?“ lässt sich nicht allein mit Zeitangaben beantworten. Ausschlaggebend ist auch, wie klar ein Unternehmen seine Nachhaltigkeitsstrategie definiert und ob es bereit ist, transparent darüber zu berichten. Ein nachhaltigkeitsorientiertes Geschäftsmodell wird zur regulatorischen Notwendigkeit und zum Treiber langfristigen Erfolgs. Im Ratgeber von Wirtschaft-Magazin werden alle Entwicklungen zu Nachhaltigkeitsberichterstattung-Pflicht fundiert aufbereitet – so behalten Unternehmen den Überblick.

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