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Nachhaltige Lieferketten: zwischen Chancen & Gesetzen

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Menschen, die an einem Schreibtisch arbeiten.

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Umweltschutz und Einhaltung von Menschenrechten weltweit: Nachhaltige Lieferketten, oder auch Sustainable Supply Chains, sollen die Lösung sein. Während globale Krisen und wachsende Verbraucheransprüche Bezugswege bereits zunehmend erschweren, stehen Unternehmen vor einer weiteren Herausforderung: neue EU-Verordnungen und bereits bestehende Lieferkettenrichtlinien werden zu einem komplexen Konstrukt aus Gesetzen. Die Supply Chain muss nun nicht mehr nur effizient, sondern auch transparent, fair und umweltfreundlich sein – Herausforderung oder Chance für Unternehmen in Zeiten des Wandels?

Was bedeutet Nachhaltigkeit bei Lieferketten?

Unter einer nachhaltigen Lieferkette versteht man ein ganzheitliches nachhaltiges Wirtschaften: Es beginnt bei der Rohstoffbeschaffung und führt über den Transport und die Produktion bis hin zur Verteilung an den Endverbraucher. Um dabei Nachhaltigkeit in der Lieferkette zu ermöglichen, gilt es ökologische, soziale und ökonomische Aspekte zu berücksichtigen.

Mittels nachhaltiger Lieferketten sollen negative Umweltauswirkungen reduziert und gleichzeitig global soziale Standards verbessert werden. Zudem sind sie ein Beitrag zur Förderung wirtschaftlicher Effizienz, indem der ökologische Fußabdruck minimiert wird und damit wertvolle Ressourcen eingespart werden.

Zentrale Aspekte für Nachhaltigkeit in der Lieferkette auf einen Blick

Das Konzept von nachhaltigen Lieferketten enthält folgende wesentliche Elemente:

  • Umweltverträglichkeit: Umweltfreundliche Produktions- und Transportmethoden sowie Recycling-Methoden werden gefördert. Währenddessen trägt die Nutzung von erneuerbaren Energien wie PV-Anlagen im Gewerbebetrieb zu einem reduzierten Ressourcenverbrauch und weniger Emissionen bei.
  • Soziale Verantwortung: Durch die Sicherstellung fairer Löhne, verbesserter Arbeitsbedingungen und -sicherheit sollen global die Menschenrechte entlang der Lieferkette geschützt werden.
  • Transparenz und Nachverfolgbarkeit: Kunden profitieren von mehr Transparenz bereits ab der Rohstoffbeschaffung. Unternehmen müssen ihre Lieferketten dokumentieren, um Risiken einzudämmen und gesetzliche Anforderungen zu erfüllen.
  • Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft: Recyclebare Materialien und die Verringerung von Abfällen sorgen für eine effizientere Nutzung von wertvollen Rohstoffen und Schonung der Umwelt.

Gesetzliche Anforderungen an die Nachhaltigkeit: Lieferkettengesetze

Unternehmer sehen sich künftig wachsenden gesetzlichen Auflagen gegenüber, um die nachhaltigen Lieferketten so transparent wie möglich zu gestalten. In Deutschland gibt es dazu bereits seit 2023 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Ab 2026 folgen nun auch Gesetzentwürfe der EU: Mit dem sogenannten Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und begleitenden Verordnungen wie der Entwaldungsfreie Produkte (EUDR) entsteht ein komplexes Geflecht aus Pflichten, das Unternehmen zu transparenter und verantwortungsvoller Lieferkettenführung verpflichtet. Die Lieferkettenrichtlinien und Lieferkettengesetze sollen sowohl national als auch international die Nachhaltigkeitsleistung bei Unternehmen verbessern.

EU-Lieferkettengesetz: aktueller Stand des CSDDD

Nachhaltige Lieferketten werden per EU-Lieferkettengesetz nach aktuellem Stand ab 2026 schrittweise verpflichtend. Dafür sorgt der Beschluss über das CSDDD. Es handelt sich dabei um eine Lieferkettenrichtlinie für große Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und 450 Mio. € Umsatz in der EU. Diese sollen in Zukunft dazu beitragen, dass eigene Tätigkeiten intensiver geprüft werden und die Berichterstattung über ergriffene Maßnahmen transparenter wird. Ziel dabei ist es, dass Unternehmen Risiken für Menschenrechte und Umwelt schneller erkennen und wichtige Schritte zur Vermeidung oder Minderung ergreifen.

CSDDD-Beschlüsse mit den „Omnibus-Änderungen“ Februar 2025 auf einen Blick:

  • Unternehmen mit über 5.000 Mitarbeitenden und 1,5 Mrd. € Umsatz müssen ab 2028 die geltenden Maßnahmen ergreifen
  • mittelgroße Unternehmen (ab 1.000 Mitarbeitende und 450 Mio. € Umsatz) folgen ab 2029
  • Sorgfaltspflichten beschränken sich künftig auf direkte Zulieferer statt der gesamten Lieferkette
  • Die zivilrechtliche Haftung für Verstöße entfällt, stattdessen konzentriert sich die Durchsetzung auf behördliche Kontrollen

EU-Lieferkettengesetz: aktueller Stand der EUDR

Das CSDDD ist längst nicht das einzige EU-Lieferkettengesetz für die Umwelt: Nach aktuellem Stand müssen Unternehmen ab Dezember 2025 nachweisen, dass sie entwaldungsfreie Produkte verwenden. Mittels der EUDR (EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte) sollen nachhaltige Lieferketten weitestgehend garantiert werden, indem die verwendeten Produkte nur von Flächen stammen, die nach dem 31.12.2020 nicht entwaldet wurden. Zum Schutz der Wälder darf die Entwaldung auch nicht legal stattgefunden haben.

EUDR auf einen Blick:

  • keine Entwaldung nach 2020 für Rohstoffe wie Soja, Holz oder Kaffee
  • genaue geografische Rückverfolgbarkeit der Anbauflächen
  • Risikobewertung basierend auf Erzeugerländern (Hochrisiko- vs. Niedrigrisikoregionen)
  • Kleinere und mittlere Unternehmen sind von der Pflicht befreit, müssen aber Herkunftsnachweise dokumentieren

Nachhaltige Lieferketten in Deutschland: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Bereits seit 2023 existiert im Sinne der Menschenrechte und Nachhaltigkeit ein Lieferkettengesetz in Deutschland: Das LkSG verpflichtet große Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden in Deutschland dazu, eine nachhaltige Lieferkette vorzuweisen. Dazu zählen die Einhaltung der Menschenrechte und spezielle umweltbezogene Sorgfaltspflichten. Das Gesetz für nachhaltige Lieferketten hat den Zweck, Kinder- und Zwangsarbeit sowie Diskriminierung und Umweltschäden frühzeitig zu verhindern. Zu dem verpflichtenden Risikomanagement zählen:

  • Regelmäßige Risikoanalysen
  • Durchführung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und bei unmittelbaren Zulieferern
  • Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
  • Jährliche Berichterstattung

Die Einhaltung wird vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) überwacht. Bei Verstößen drohen Bußgelder und der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen.

Gezeichnete Glühbirne mit grüner Pflanze als Inhalt.
Gezeichnete Glühbirne mit grüner Pflanze als Inhalt. | Freepik

Nachhaltige Lieferketten: Vor- und Nachteile für Unternehmen

Von den Lieferkettengesetzen profitieren sollen vor allem die Umwelt und Menschen, indem sie unter fairen Bedingungen arbeiten. Doch die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben für nachhaltige Lieferketten bringt gleichzeitig auch Herausforderungen mit sich.

Vorteile

Nachhaltige Lieferketten haben folgende vorteilhafte Aspekte für Unternehmen:

  • Wettbewerbsvorteil: Nachhaltigkeit im Unternehmen stärkt das Image und die Marktposition und erfüllt hohe Ansprüche von Kunden oder Investoren.
  • Kosteneinsparungen: Ein effizienter Umgang mit den Ressourcen, optimierte Arbeitsprozesse und Abfallvermeidung spart Kosten ein.
  • Risikominimierung: Reputationsschäden oder Lieferausfälle minimieren sich durch nachhaltige Lieferketten.
  • Innovation und Zukunftsfähigkeit: Nachhaltige, neue Entwicklungen wie umweltfreundliche Produkte und Prozessoptimierungen sind besonders innovativ.

Herausforderungen

Trotz der zahlreichen Vorzüge gibt es auch Kritikpunkte zu nachhaltigen Lieferketten. Sie bringen Risiken für Unternehmen mit sich und gesetzliche Herausforderungen:

  • Transparenz und Kontrolle: Die Globalisierung und damit verbundene komplexe Lieferketten erschweren eine vollständige Überwachung. Zulieferer aus Ländern mit unterschiedlichen Standards beeinträchtigen die Kontrolle und Transparenz zusätzlich.
  • Standardisierung: Fehlende international geltende Standards und unterschiedliche Gesetze führen zu weiteren Komplikationen.
  • Kosten, Ressourcen und Aufwand: Die Investitionen in nachhaltige Lieferketten sind zu Beginn oft enorm hoch. Gleichzeitig sind die Planung und teils personelle Umstellung aufwendig.
  • Bürokratie: Der bürokratische Aufwand, um die Gesetze für nachhaltige Lieferketten einzuhalten, ist ohne digitale Tools hoch.

Nachhaltige Lieferketten: der Schlüssel für die Zukunft?

Nachhaltige Lieferketten sind längst mehr als ein moralisches Ideal, um das Unternehmensimage zu verbessern – sie sind wirtschaftliche Notwendigkeit und gesetzliche Verpflichtung zugleich. Sie bieten Unternehmen die Chance, in Zeiten des Wandels wettbewerbsfähig zu bleiben, Ressourcen effizienter zu nutzen und gesellschaftliche Verantwortung sichtbar zu übernehmen. Doch um dem gerecht zu werden, braucht es transparente Prozesse, klare Zuständigkeiten und eine strategische Auseinandersetzung mit sozialen und ökologischen Risiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die EU-Lieferkettengesetze können mit ihrem aktuellen Stand und den Omnibus-Änderungen voraussichtlich nur einen Bruchteil der Bezugswege nachverfolgen – selbst in Verbindung mit dem LkSG. Wer die nachhaltigen Lieferketten aber als Investition in die Zukunft versteht, hat die Chance, sich langfristig im Markt zu platzieren und Vertrauen bei Kunden, Investoren und Partnern zu gewinnen.

Wer sich weiter mit nachhaltigen und wirtschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzen möchte, findet in unserem Ratgeber und den aktuellen News umfassende Informationen in unserem Wirtschaft-Magazin.

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