Unternehmer, Deutschland

Georg Nemetschek: vom Bauingenieur zum Software-Milliardär

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Georg Nemetschek

picture-alliance / Sueddeutsche Zeitung Photo | Rumpf, Stephan

Von der Statik zur Software: Georg Nemetschek ist der Ingenieur, der den Bau digitalisierte und heute einer der reichsten Menschen Deutschlands ist.

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Georg Nemetschek, geboren am 5. Juni 1934 in Valtice (ehemals Feldsberg) in Tschechien, ist ein deutscher Bauingenieur, Unternehmer und ehemaliger Hochschullehrer. Als Gründer der Nemetschek SE gilt er als Wegbereiter für den Einsatz von Software im Bauwesen und hat maßgeblich zur nachhaltigen Digitalisierung der Baubranche beigetragen.

Frühe Jahre und Ausbildung

Während des Zweiten Weltkriegs floh Nemetscheks Mutter mit ihren drei Kindern in den Westen Deutschlands, während sein Vater erst 1948 aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte. Trotz dieser schwierigen Umstände entschied sich Georg Nemetschek für ein Studium des Bauingenieurwesens an der Technischen Hochschule München, das er erfolgreich abschloss.

Gründung des Ingenieurbüros und Entwicklung von Bausoftware

Im Jahr 1963 gründete Nemetschek ein eigenes Bauingenieurbüro, das sich auf Tragwerksplanung spezialisierte. Bereits ab 1968 begann er, selbst entwickelte Programme zur Statikberechnung einzusetzen, um die Effizienz und Genauigkeit in der Planung zu erhöhen.

Die positiven Erfahrungen mit diesen internen Lösungen führten dazu, dass er 1977 beschloss, diese Software kommerziell anzubieten. Dies markierte den Beginn des Unternehmens, das sich später zur Nemetschek SE entwickeln sollte.

Akademische Laufbahn und Engagement

Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit verfolgte Nemetschek eine akademische Karriere. 1971 wurde er als Professor an die Fachhochschule München berufen, wo er bis 1996 lehrte. Während dieser Zeit fungierte er auch als Dekan des Fachbereichs Bauingenieurwesen und Stahlbau. Sein Engagement in der Lehre und Forschung trug wesentlich zur Etablierung der Bauinformatik als eigenständige Disziplin bei.

Expansion der Nemetschek SE

Die Nemetschek SE ist ein führender deutscher Softwarekonzern mit Sitz in München, der sich auf Lösungen für die Bau- und Immobilienbranche spezialisiert hat. Gegründet 1963 von Georg Nemetschek als Ingenieurbüro für Tragwerksplanung, entwickelte sich das Unternehmen zu einem Pionier in der Digitalisierung des Bauwesens. Bereits 1977 begann Nemetschek mit dem Vertrieb eigener Softwarelösungen für den Ingenieurbau.

Unter der Leitung von Georg Nemetschek wuchs das Unternehmen kontinuierlich. 1981 wurde die Nemetschek Programmsystem GmbH gegründet, die sich auf die Entwicklung und den Vertrieb von Bausoftware konzentrierte. Mit der Einführung des CAD-Systems Allplan im Jahr 1984 ermöglichte das Unternehmen Architekten und Ingenieuren erstmals die dreidimensionale Modellierung von Gebäuden.

Ende der 1980er-Jahre begann Nemetschek dann, international zu expandieren und etablierte Tochtergesellschaften in mehreren europäischen Ländern. 1994 erfolgte die Umwandlung in die Nemetschek AG; 1999 ging das Unternehmen an die Börse.

In den folgenden Jahren expandierte die Nemetschek SE international und erweiterte ihr Portfolio durch strategische Übernahmen. Bedeutende Akquisitionen waren unter anderem die US-amerikanische Firma Diehl Graphsoft (heute Vectorworks) und die ungarische Graphisoft, bekannt für das Produkt ArchiCAD.

Heute agiert die Nemetschek SE als Holdinggesellschaft mit 13 eigenständigen Marken, die Software und ERP-Lösungen für verschiedene Bereiche wie Planung, Bau, Betrieb sowie Medien und Unterhaltung anbieten. Im Geschäftsjahr 2023 erzielte der Konzern mit rund 3.600 Mitarbeitern einen Umsatz von 852 Millionen Euro. Die Aktien des Unternehmens sind im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse notiert und seit September 2018 sowohl im TecDAX als auch im MDAX vertreten. Die Nemetschek SE bedient über sechs Millionen Nutzer in 142 Ländern und gilt als einziger Softwareanbieter, der die gesamte Wertschöpfungskette im Bauwesen abdeckt.

Stiftungen und soziales Engagement

Georg Nemetschek ist bekannt für sein philanthropisches Engagement. 1996 gründete er die „Professor Georg Nemetschek Stiftung“, die unter anderem die Gründung des Instituts für angewandte Bauinformatik an seiner ehemaligen Fakultät finanzierte. 2007 folgte die Nemetschek Stiftung, die sich der Festigung demokratischer Grundwerte widmet.

Im Jahr 2020 rief er die Nemetschek Innovationsstiftung ins Leben, die „Kompetenz und Exzellenz im Bauwesen in den Bereichen Forschung, Lehre, Innovation und akademisches Leben“ fördert. Diese Stiftungen spiegeln sein Bestreben wider, nicht nur die Bauindustrie, sondern auch die Gesellschaft positiv zu beeinflussen.

Privatleben und akademischer Einfluss Georg Nemetscheks

Seit dem Tod seiner Frau im Jahr 2016 lebt Georg Nemetschek als Witwer. Er hat zwei Söhne. Sein Lebenswerk und sein Engagement wurden mehrfach anerkannt. So wurde er 2024 zum Ehrensenator der Technischen Universität München ernannt, eine Auszeichnung, die seine Verdienste um die Wissenschaft und die Förderung des akademischen Lebens würdigt. Sein Vermögen wurde 2024 von Forbes auf 4,7 Milliarden US-Dollar geschätzt, was ihn zu einem der reichsten Deutschen macht.

Fazit: mit Code und Kalkulation zum Erfolg

Georg Nemetschek hat mit seiner visionären Kraft und seinem unermüdlichen Einsatz die Digitalisierung im Bauwesen vorangetrieben und dabei ein weltweit erfolgreiches Unternehmen aufgebaut. Sein Engagement in Lehre, Forschung und Gesellschaft zeigt, dass er nicht nur ein erfolgreicher Unternehmer, sondern auch ein Förderer von Bildung und demokratischen Werten ist. Sein Lebenswerk dient als Inspiration für kommende Generationen von Ingenieuren, Unternehmern und Philanthropen.

 

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