„Some people think in millions, some people think in trillions, I think in billions.“ Mit diesen selbstbewussten Worten charakterisierte Brad Jacobs einst sein Denken. Dieser Satz passt perfekt zum amerikanischen Unternehmer, der in seiner Karriere gleich mehrere Milliardenunternehmen aus dem Boden gestampft hat. Jacobs gilt als Seriengründer und Übernahme-Experte, der in vermeintlich unspektakulären Branchen ein Vermögen aufgebaut hat. Doch wie wird man vom College-Abbrecher zum Milliardär? Ein Blick auf Jacobs’ Werdegang zeigt eine außergewöhnliche Mischung aus Vision, Cleverness bei Firmenübernahmen und einem unerwartet menschlichen Führungsstil.
Von Providence an die Wall Street: Frühe Jahre und Start im Ölhandel
Bradley (Brad) Jacobs wurde 1956 in Providence, Rhode Island, geboren. Sein Vater handelte mit Modeschmuck – kein milliardenschweres Imperium, aber ein unternehmerisches Umfeld, das Jacobs offenbar prägte. Brad Jacobs besuchte eine angesehene Privatschule in Massachusetts und studierte anschließend am Bennington College sowie an der Brown University Mathematik und Musik. Das Studium schloss er jedoch nicht ab: 1976 brach er die Universität ab, um sich ins Geschäftsleben zu stürzen.
Mit nur 23 Jahren gründete er 1979 seine erste Firma: Amerex Oil Associates, einen Rohölhändler. Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich Amerex zu einem der größten Ölvermittler weltweit mit Milliardenumsatz. 1983 verkaufte Jacobs Amerex gewinnbringend und gründete 1984 in London das Ölhandelshaus Hamilton Resources. Dort schloss er lukrative Verträge mit großen Ölkonzernen und Ölstaaten ab. Einer seiner wichtigsten Mentoren in dieser Zeit: Ludwig Jesselson, ein legendärer Rohstoffhändler.
Roll-up im Abfallgeschäft: Millionen mit Müll
Ende der 1980er-Jahre erkannte Jacobs eine neue Chance – in der Müllentsorgung. 1989 gründete er United Waste Systems, ein Unternehmen, das durch die Übernahme zahlreicher kleiner Entsorger in ländlichen Gebieten wachsen sollte. Seine sogenannte Roll-up-Strategie war clever: Er kaufte ineffiziente kleine Anbieter auf, integrierte sie unter einem zentralen Management und schuf so Skaleneffekte, wo vorher Konkurrenz und Kleinteiligkeit herrschten.
1992 brachte Jacobs das Unternehmen an die Börse. Fünf Jahre später verkaufte er es für rund 2,2 Milliarden Dollar an Waste Management – mit einem persönlichen Gewinn von rund 120 Millionen Dollar. Ein satter Return auf eine ursprüngliche Investition von gerade einmal 3 Millionen Dollar.
United Rentals: Baumaschinen und eine bemerkenswerte Bilanz
Kaum war der Müll-Deal abgeschlossen, gründete Jacobs 1997 United Rentals – diesmal mit dem Ziel, die Branche für Baumaschinenvermietung zu konsolidieren. Er kaufte über 250 kleinere Unternehmen, schuf den weltweit größten Vermieter von Gabelstaplern, Baggern und Baugeräten und führte die Firma an die Börse.
Seit dem Börsengang 1997 hat sich der Aktienkurs von United Rentals um über 4.000 Prozent gesteigert – eine Performance, die mit Technologie-Giganten wie Microsoft mithält. Auch diese Unternehmung war ein voller Erfolg. 2007 zog sich Jacobs aus dem operativen Geschäft zurück.
XPO Logistics: Milliarden mit Lieferketten
2011 stieg Jacobs mit XPO Logistics in eine Branche ein, die für ihn wie geschaffen schien: Logistik. Der Markt war riesig, aber zersplittert – perfekt für sein Roll-up-Modell. Aus einem kleinen Speditionsunternehmen formte er mit über 17 Übernahmen einen globalen Logistikriesen mit 100.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von über 15 Milliarden Dollar.
Er schluckte dabei unter anderem Con-way in den USA und Norbert Dentressangle in Europa – zwei Schwergewichte der Branche. Ab 2021 teilte Jacobs XPO auf: Er spaltete das Lagergeschäft als GXO Logistics ab, später folgte RXO für digitale Spedition. Beide Firmen gingen separat an die Börse.
XPO selbst blieb als Transport- und LKW-Speditionsriese bestehen. Jacobs blieb zunächst CEO, übergab 2022 aber die operative Führung, um sich neuen Projekten zu widmen. Sein persönliches Vermögen, vor allem über Aktienbeteiligungen an XPO, GXO und RXO, stieg auf schätzungsweise 12 Milliarden US-Dollar (Stand: 2025).
QXO: Der nächste Milliarden-Coup des Brad Jacobs
Mit 67 Jahren gründete Jacobs 2023 sein bislang letztes Unternehmen: QXO Inc., eine börsennotierte Gesellschaft, die durch Übernahmen den fragmentierten Baustoffhandel konsolidieren will. Gemeinsam mit Partnern sammelte er über eine Milliarde Dollar Startkapital – 900 Millionen davon stammen direkt von ihm selbst.
Erste große Tat: die Übernahme von Beacon Roofing Supply, einem der größten Anbieter für Dachbaustoffe in den USA – für 11 Milliarden Dollar. Damit wurde QXO mit einem Schlag zur Nummer eins in diesem Marktsegment. Jacobs plant in den kommenden zehn Jahren Umsätze von 50 Milliarden Dollar. Das Muster bleibt: konsolidieren, skalieren, dominieren.
Privatleben: Zwischen Kunst und Achtsamkeit
Jacobs ist verheiratet, Vater von vier Kindern und lebt mit seiner Familie in Greenwich, Connecticut – einem Nobelvorort unweit von New York City. Trotz seines geschäftlichen Rufs als beinharter Stratege pflegt er einen vergleichsweise entspannten Lebensstil.
Er beginnt jeden Morgen mit Meditation und Yoga. In Interviews betont er immer wieder, wie wichtig emotionale Intelligenz für Führungsverantwortliche sei. Auch seine Kunstsammlung – darunter Werke von Picasso, Calder und Lichtenstein – spiegelt eine kreative Seite, die man dem Deal-Milliardär nicht auf Anhieb zutrauen würde.
Gesellschaftliche Rolle und Kritikpunkte
Jacobs ist Mitglied im exklusiven Business Council in Washington, D.C., sowie im Economic Club of New York. In der Geschäftswelt genießt er hohes Ansehen. So kürte ihn „Barron’s“ zu einem der zehn besten CEOs der Welt.
Doch es gibt auch Kritik. Besonders XPO geriet wiederholt wegen schlechter Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen. In einem Fall wurden dem Unternehmen unzureichende Arbeitsbedingungen für schwangere Mitarbeiterinnen vorgeworfen. Gewerkschaften kritisierten zudem die aggressive Haltung Jacobs’ gegenüber gewerkschaftlicher Organisation.
Jacobs selbst bestreitet die Vorwürfe, verweist auf interne Compliance-Richtlinien und betont, dass über 99 Prozent seiner Belegschaft in Nordamerika gewerkschaftsfrei arbeiten würden – und das auch so bleiben solle.
Wohltätigkeit und Öffentlichkeit
Während Jacobs nicht für große, öffentlichkeitswirksame Spenden bekannt ist, unterstützt er wohltätige Zwecke über seine Firmen. XPO Logistics engagierte sich beispielsweise für Brustkrebshilfeprojekte, stellte LKWs zur Verfügung und verdoppelte Spendenerlöse.
Jacobs selbst hält sich in der Öffentlichkeit meist zurück, veröffentlichte 2024 aber ein Buch: „How to Make a Few Billion Dollars“, in dem er seine unternehmerischen Prinzipien teilt – ein Mix aus Biografie, Philosophie und Strategie-Leitfaden.
Brad Jacobs: Der Mann mit dem Milliarden-Gespür
Brad Jacobs denkt groß. Seine Fähigkeit, unübersichtliche Branchen durch strategische Zukäufe zu strukturieren und daraus global führende Unternehmen zu formen, ist einzigartig. Ob Öl, Müll, Baumaschinen, Logistik oder Baustoffe – Jacobs identifiziert Chancen, wo andere Chaos sehen.
Dabei ist er weder Technikvisionär noch Start-up-Guru – sondern ein Meister der Skalierung, des Dealmakings und des pragmatischen Wachstums. Sein Führungsstil, geprägt von Achtsamkeit und Dialog, steht in spannendem Kontrast zur Brutalität vieler anderer M&A-Pioniere.
Ob sein neuestes Projekt QXO sein größter Coup wird, bleibt offen. Sicher ist: Brad Jacobs hat schon heute die amerikanische Wirtschaft mitgeprägt – als besonnener Stratege mit Milliardenblick.