Im Mai 2024 fielen die Baugenehmigungen um fast 25% im Vergleich zum Jahr davor.
Bernd Weißbrod/dpa
Die fallende Anzahl an Baugenehmigungen dürfte dem Wohnungsmangel und den hohen Mieten in Deutschland wenig entgegenwirken.
Laut Statistischem Bundesamt wurden im Mai 17.800 Wohnungen genehmigt, auf das Jahr gerechnet wären das knapp über 210.000 Wohnungen – nicht ganz nah am Ziel der Bundesregierung, das bei 400.000 Wohnungen liegt. Der Bauindustrieverband rechnet für 2024 mit etwa 250.000 neuen Wohnungen.
Baugenehmigungen von Einfamilienhäusern um fast ein Drittel zurückgegangen
Die Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser verzeichneten von Januar bis Mai mit einem Minus von 31,5 Prozent den stärksten Rückgang. Auch die Baugenehmigungen für Zweifamilienhäuser gingen um 15,7 Prozent zurück.
Baugenehmigungen werden als Indikator für den Neubau gesehen, der zuletzt unter gestiegenen Zinsen, Energie-, Materialkosten und Arbeitskräftemangel zu leiden hatte. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage nach Wohnraum aber hoch, insbesondere in Städten.
Baugenehmigungen in Städten stark rückläufig
In Deutschlands sieben bevölkerungsreichsten Städten war die Anzahl an Transaktionen bereits vor 2022 stark rückläufig, wie eine Studie des Hamburger Gewos-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung ausführt. Dort wurden in 2023 etwa 1.200 Käufe von baureifem Wohnbauland registriert – 26,7 Prozent weniger als im Vorjahr und 50,9 Prozent weniger als in 2021.
Dazu kommt, dass deutlich mehr Wohnungen auf eine Fläche passen als Einfamilienhäuser, sodass mehr Leute untergebracht werden können. Gemeinden seien immer mehr darum bemüht, Siedlungs- und Verkehrsflächen nicht zu versiegeln. Einige Städte und Stadtteile wie Hamburg-Nord und Wiesbaden sollen in den letzten Jahren bereits sehr selektiv mit Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser umgegangen sein. Wohnungen in großen Mehrfamilienhäusern verbrauchen laut einer Studie von Deutsche Bank Research noch dazu deutlich weniger Energie als Ein- oder Zweifamilienhäuser.
Abbau von Anforderungen an Wohngebäude notwendig
Laut Gewos-Studie habe die Anzahl der Käufe von baureifem Wohnbauland in 2023 neue Tiefstände seit 1995 erreicht. „Die Baulandverkäufe sind ein guter Frühindikator für die zukünftige Neubautätigkeit. Die heute nicht verkauften Flächen sind die nicht erteilten Genehmigungen von morgen und die nicht gebauten Wohnungen von übermorgen“, sagt Sebastian Wunsch, Bereichsleiter Immobilienwirtschaftliche Analysen bei Gewos.
Der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie Tim-Oliver Müller nennt die Vorschriften der Bundesregierung als einen der Gründe für die Flaute am deutschen Wohnungsmarkt. Zwar habe die Bundesregierung bereits Maßnahmen zur Belebung der Wohnungsbaukonjunktur auf den Weg gebracht, jedoch sei ein „Abbau der schier unendlichen Anforderungen an unsere Wohngebäude“ notwendig.
Laut Gewo-Studie sei das “volle Ausmaß der Baukrise“ aktuell noch nicht sichtbar, da diese zurzeit noch durch einen Bauüberhang aus der Vorkrisenzeit überdeckt werde. Der aktuelle Rückgang der Baugenehmigungen werde sich in diesem und den kommenden Jahren in sinkenden Fertigstellungszahlen widerspiegeln, während die sinkenden Verkaufszahlen von Bauland auf eine längerfristig niedrige Neubautätigkeit in Deutschland hindeuten.