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Andrei Melnitschenkos Weg zur Kohle

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picture-alliance/ dpa | Tass Sergei Kasyanov

Andrei Melnitschenko zählt heute zu den reichsten Menschen der Welt, doch seine Anfänge waren bescheiden. Geboren wurde er am 8. März 1972 in Gomel, einer Stadt im heutigen Belarus, das damals zur Sowjetunion gehörte.

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Mit einem Physiker als Vater und einer Lehrerin als Mutter entwickelte Andrei Melnitschenko früh ein außergewöhnliches Talent für Mathematik und Naturwissenschaften. Nach der Schule schrieb er sich an der renommierten Lomonossow-Universität in Moskau ein, wo er Physik und Mathematik studierte. Mit dem Zerfall der Sowjetunion wandelte sich jedoch die Wirtschaft des Landes, und Andrei Melnitschenko erkannte schnell das Potenzial im Finanzsektor.

Infolgedessen brach er sein Studium ab und gründete eine Wechselstube. Später baute er eine Bank auf, die innerhalb kurzer Zeit zu einer der erfolgreichsten privaten Banken Russlands avancierte. Doch es war nicht der Finanzsektor, der Andrei Melnitschenko einen Platz auf der Liste der 100 reichsten Menschen der Welt sicherte.

Der Grundstein seines enormen Reichtums wurde im Rohstoffsektor gelegt. Melnitschenkos Vermögen basiert überwiegend auf seinen Investitionen in die Düngemittel- und Kohleindustrie. Die Produktion und der Export von Düngemitteln spielen weltweit eine zentrale Rolle in der Agrarwirtschaft, während die Kohleindustrie nach wie vor ein bedeutender Bestandteil der Energieversorgung ist. Beide Branchen haben sich in den letzten Jahren als äußerst lukrativ erwiesen, was Melnitschenko zu einem der reichsten Männer der Welt machte.

Von der Bank in den Rohstoffsektor

Heute ist er Mehrheitseigner von EuroChem, einem der größten Düngemittelproduzenten der Welt, sowie von SUEK, einem der größten Kohleproduzenten Russlands. Diese beiden Unternehmen haben sein Vermögen, das auf über 25 Milliarden US-Dollar geschätzt wird, massiv vergrößert. Politisch hält sich Melnitschenko weitgehend zurück. Er gilt als jemand, der keine engen Verbindungen zu den politischen Eliten in Russland unterhält, was ihn von vielen anderen russischen Oligarchen unterscheidet. Während andere Unternehmer stark in das politische System Russlands verstrickt sind, konzentriert sich Melnitschenko mehr auf seine Geschäfte und wohltätigen Aktivitäten.

Melnitschenko engagiert sich sozial, vor allem im Bildungs- und Gesundheitssektor. Er ist ein großer Förderer von wissenschaftlichen Projekten und finanziert zahlreiche Stipendienprogramme für talentierte Studenten. Auch im Bereich des Umweltschutzes ist er aktiv. EuroChem arbeitet an nachhaltigen Projekten, um die Umweltbelastungen durch die Düngemittelproduktion zu verringern.

Die Schweiz – Wahlheimat zahlreicher russischer Oligarchen

Seit mehreren Jahren lebt Andrei Melnitschenko nun mittlerweile zusammen mit seiner Frau, der Sängerin Aleksandra Nikolic, sowie ihren gemeinsamen Kindern in der Schweiz. Genauer gesagt in St. Moritz, einem Ort, der für seine Exklusivität und Abgeschiedenheit bekannt ist. Offiziell wird als Grund für seinen Umzug die stabile politische und wirtschaftliche Situation der Schweiz genannt. Doch auch die steuerlichen Vorteile sowie das hohe Maß an Privatsphäre werden ihren Teil zu Melnitschenkos Wahlheimat beigetragen haben, die sich in den letzten Jahrzehnten zu einem Magneten für russische Oligarchen entwickelt hat.

In Russland hat Melnitschenko ein ambivalentes Standing. Auf der einen Seite wird er für seine wirtschaftlichen Erfolge und seinen Beitrag zur russischen Wirtschaft geschätzt. Auf der anderen Seite stößt seine starke Internationalisierung – sowohl seines Geschäfts als auch seines Wohnorts – auf Kritik. Manche werfen ihm vor, seine Bindungen an Russland zugunsten eines Lebensstils im Ausland vernachlässigt zu haben.

Andrei Melnitschenko von Sanktionen betroffen

Doch auch in Europa ist sein Ruf angeknackst. Im Zuge des Ukraine-Kriegs geriet Andrei Melnitschenko in den Fokus internationaler Sanktionen. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 wurde er sowohl von der Europäischen Union als auch von anderen westlichen Staaten mit Sanktionen belegt. Am 9. März 2022 setzte die EU Melnitschenko auf ihre Sanktionsliste und beschuldigte ihn, ein enger Vertrauter des Kremls zu sein. Er habe an einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin teilgenommen, bei dem führende russische Oligarchen kurz nach der Invasion über Maßnahmen zur Unterstützung der russischen Regierung beraten haben sollen.

Die Sanktionen zielten darauf ab, Melnitschenkos Vermögenswerte in der EU einzufrieren und ihm jegliche wirtschaftlichen Aktivitäten innerhalb der Union zu verbieten. Unter anderem wurde ihm die Nutzung seiner Luxusjacht „A“, eines der größten privaten Schiffe der Welt, untersagt, die in Italien beschlagnahmt wurde. Auch in anderen europäischen Ländern wurden Immobilien und Besitztümer von Melnitschenko eingefroren.

Andrei Melnitschenko gibt die Firmenführung offiziell an seine Ehefrau ab

Melnitschenko selbst bestritt jegliche politische Verbindungen und betonte mehrfach, dass er nie Teil des inneren Machtzirkels um Wladimir Putin gewesen sei. Er legte Widerspruch gegen die Sanktionen ein und erklärte, er sei ein internationaler Geschäftsmann, der sich auf seine globalen Geschäfte konzentriere und keine politische Rolle in Russland spiele. Dennoch hielten die Sanktionen gegen ihn an.

In Folge dieser Maßnahmen trat Melnitschenko von seinen offiziellen Positionen bei EuroChem und SUEK zurück, um zu verhindern, dass die Geschäfte seiner Unternehmen durch die Sanktionen beeinträchtigt werden. Die Führung der Firmen übergab er offiziell seiner Ehefrau Aleksandra, die nun die Kontrolle über die Vermögenswerte hält. Dieser Schritt sollte sicherstellen, dass die Unternehmen weiter operieren können, ohne direkt von den Sanktionen betroffen zu sein. Die Sanktionen gegen Melnitschenko haben ihn finanziell und in Bezug auf seine globale Mobilität eingeschränkt, jedoch bleibt unklar, inwieweit sein Gesamtvermögen und seine Geschäfte langfristig darunter leiden werden.

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