Ein Jahr ist es her, seit die Debatte um das AfD-Verbot deutlich an Fahrt aufgenommen hat. Der Auslöser: Das Recherchenetzwerk Correctiv enthüllte im Januar 2024 Details über das geheime Treffen zwischen hochrangigen Vertretern der Alternative für Deutschland (AfD) und Neonazis. Gemeinsam berieten sie über einen Plan, wie sie Millionen Menschen aus Deutschland mit Migrationshintergrund vertreiben können. Mit der Veröffentlichung des Geheimplans wurden die Stimmen um ein Verbot der AfD lauter und Millionen Menschen versammelten sich bundesweit auf Demonstrationen gegen die Partei.
Daraufhin haben 113 Abgeordnete aus verschiedenen Fraktionen (SPD, CDU/CSU, Grüne und Linke) Mitte November einen Antrag zur Einleitung des AfD-Verbotsverfahrens beim Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Doch die Zeit drängt: In wenigen Wochen stehen die Neuwahlen an. Zusätzlich ist der Prozess eines solchen Verfahrens höchst komplex. Wie realistisch ist es also noch, das Verbot bis zum 23. Februar 2025 durchzusetzen?
Antrag auf AfD-Verbot – der Verfahrensablauf
Ein Parteiverbotsverfahren ist ein komplexer rechtlicher Prozess. Die verfassungsrechtlichen Hürden sind hierbei besonders hoch, um in jedem Fall den Schutz der Demokratie zu gewährleisten. Dadurch sollen einerseits die Werte der demokratischen Freiheit vor verfassungswidrigen Parteien geschützt werden und andererseits garantiert werden, dass Parteien vor falschen Vorwürfen sicher sind. Daher ist der Ablauf, eine Partei zu verbieten, ein umfangreicher Prozess.
Antragsberechtigung
Damit der Antrag für ein Parteiverbot auch rechtmäßig ist, können nur drei staatliche Organe einen Verbotsantrag stellen. Die Ausnahme gilt dann, wenn Parteien nur in einem Bundesland aktiv sind. Dann kann die Landesregierung einen entsprechenden Antrag stellen. Bis auf Weiteres sind ausschließlich folgende Verfassungsorgane zu einer Antragstellung berechtigt:
- Der Bundestag
- Der Bundesrat
- Die Bundesregierung
Im Fall des Antrags auf das Verbot der AfD wurde dieser rechtmäßig vom Bundestag eingereicht.
Verfahrensablauf
Nach der Antragstellung erfolgt eine Vorprüfung. Dabei prüft das Bundesverfassungsgericht, ob der Antrag zulässig ist. Entscheidend ist, dass die Mehrheit des Bundestages für ein entsprechendes Verbot stimmen muss – diese steht aktuell noch aus. Zusätzlich wird eine erste Bewertung auf die Erfolgsaussichten des Antrags auf ein Parteiverbot vorgenommen.
Anschließend kommt es zum Hauptverfahren. Wie bei einem gerichtlichen Prozess üblich, erhält die betroffene Partei ein Recht auf Anhörung. Dazu gehört:
- Sichtung der Beweise
- Anhörung der Sachverständigen
- Durchführung der mündlichen Verhandlung
Schließlich erfolgt nach einem umfassenden Hauptverfahren die Entscheidungsfindung. Damit das Verbot in Kraft tritt, ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Richter des Bundesverfassungsgerichts notwendig.
Rechtliche Voraussetzungen
Ein wichtiger Faktor für ein Parteiverbot sind die entsprechenden Nachweise. Diese sind:
- Gefährdung der Demokratie: Das heißt, dass eine aktiv-kämpferische und aggressive Haltung gegen die in der Bundesrepublik Deutschland geltende freiheitliche demokratische Grundordnung bewiesen werden muss.
- Planung und Vorgehen: Es muss nachgewiesen werden, dass die Partei ein Vorgehen geplant hat, diese Demokratie-Ordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen.
- Erfolg: Es werden konkrete Anhaltspunkte benötigt, die das verfassungsfeindliche Handeln möglich werden lassen.
Rechtsfolgen
Sollte die Entscheidung um das Verbot erfolgreich sein, muss die Partei entsprechend aufgelöst werden. Die Gründung von Ersatzorganisationen wird verboten und alle Abgeordnete der Partei verlieren ihre Parlamentssitze. Zusätzlich kann das Parteivermögen eingezogen werden. Bisher wurden in Deutschland die SRP (Sozialistische Reichspartei) und die KPD (Kommunistische Partei Deutschland) verboten. Gescheitert ist das Verfahren zweimal an der NPD (heute: „Die Heimat“). Das Verfahren, die AfD zu verbieten, steht noch weit am Anfang.
AfD-Verbotsverfahren aktuell
Aktuell ist die Politik gefragt, denn der Antrag auf das AfD-Verbot wird gegenwärtig im Bundestag diskutiert. Es bleiben nur noch wenige Sitzungen, um eine konkrete Entscheidung darüber zu treffen, denn mit den anstehenden Neuwahlen im Februar 2025 drängt die Zeit, das Verfahren vollständig einzuleiten.
Bisher fehlt die erforderliche Mehrheit im Bundestag, denn die aktuell 113 Abgeordneten, die den Antrag eingereicht haben, reichen nicht aus. Vor allem die CDU/CSU-Fraktion zeigt sich gegenwärtig zurückhaltend. Dabei besteht mit der größer werdenden Macht der AfD ein großer Zeitdruck: Die Landtagswahlen und ihre Bedeutung sind dabei schwerwiegend. Die Wahlergebnisse in Thüringen, Brandenburg und Sachsen haben gezeigt, dass die AfD zu einer starken Kraft werden kann. Es ist damit zu rechnen, dass sie auch bei den Neuwahlen starke Ergebnisse erzielt. Sollte der Antrag auf das AfD-Verbot in den folgenden Wochen keine Mehrheit erhalten, wird es voraussichtlich auch nach der Wahl zu keiner mehr kommen.
Mittlerweile arbeitet das Bundesamt für Verfassungsschutz an einem neuen Gutachten, das die Gesamtpartei möglicherweise als „gesichert extremistische Bestrebung“ einstuft. Allerdings soll das Gutachten erst nach den Neuwahlen vorgelegt werden, weshalb es aktuell auf das AfD-Verbot keinen Einfluss hat. Dabei wurde die AfD in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt bereits als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft und gilt bundesweit als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“.
Aktuelle Beweislage
- In drei Bundesländern als „gesichert extremistische Bestrebung“ eingestuft
- Jugendorganisation der AfD („Junge Alternative“) gilt als „gesichert rechtsextremistisch“ und wurde am 12.01.2025 nach dem Beschluss der AfD aufgelöst. Ein neuer Verband soll jedoch folgen.
- Beweissammlung (Textausschnitte, Beiträge auf X (ehemals Twitter) oder Ausschnitte aus Reden) auf und über Social Media von Usern – Beweise meist nicht gerichtsfest
AfD-Verbot: Vorteile und Risiken
Bei der Debatte um ein Parteiverbot sind viele zwiegespalten. Kann ein es wirklich die gewünschten Erfolge erzielen oder verschlimmert es die aktuelle politische Lage – möglicherweise sogar europaweit?
Vorteile
- Schutz der Demokratie:
- Auflösung der Partei
- Verlust Mandate, parlamentarische Legitimität, Finanzen und organisatorische Basis
- präventive Wirkung:
- Verbreitung der AfD in Medien gestoppt
- Signal für eine standhafte Demokratie
Risiken
- Politische Risiken:
- mögliche stärkere Solidarisierung mit AfD
- Opferrolle der Partei
- Wählerschaft der AfD betrachtet Staat als Feind
- daraus resultierende Radikalisierung
- juristische Risiken:
- Scheitern des Verfahrens positiv für Partei-Image und Bestätigung ihrer Verfassungstreue
- gesellschaftliche Folgen:
- extremistische Einstellung bleibt
- verstärkte Polarisierung der Gesellschaft
- das Verbot fördert wahrscheinlich Wut und Radikalität

AfD-Verbot: Fazit und Aussichten
Das Verbotsverfahren ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits kann es die demokratische Institution schützen, andererseits birgt es erhebliche Risiken für die gesellschaftliche Stabilität und könnte bei einem Scheitern sogar kontraproduktiv wirken.
Aktuell ist der Zeitdruck das größte Hindernis für ein AfD-Verbot. Zusätzlich fehlen entscheidende
Beweise und die Einstufung der gesamten Partei als „gesichert extremistische Bestrebung“ durch den Verfassungsschutz. Angesichts der knappen Zeit und der fehlenden Mehrheiten erscheint ein Verbotsverfahren vor der Wahl praktisch ausgeschlossen.Für weitere Informationen rund um Politik und Wirtschaft geben wir regelmäßig Updates unter unseren News. Zusätzlich finden sich im Ratgeber umfassende Beiträge zu verschiedenen Themen. Stets aktuell mit dem Wirtschaft-Magazin.