Unternehmer, Deutschland

Pionier der deutschen Softwarebranche – Peter Schnell und die Software AG

Uhr
Peter Schnell

picture-alliance / dpa | Ulrich Perrey

Peter Schnell, Gründer der Software AG, gehört zu den prägenden Gestalten der deutschen IT-Geschichte. Ein Blick auf seinen Werdegang, seine technologischen Meilensteine und sein philanthropisches Wirken zeichnet das Bild eines Mannes, der wirtschaftlichen Erfolg stets mit gesellschaftlicher Verantwortung verknüpft hat.

Teilen per:

Von Bodenrod nach Darmstadt

Peter Schnell wurde am 18. Februar 1934 in Bodenrod (Hessen) geboren. Sein Umfeld war ländlich geprägt, doch Schnell entwickelte schon früh eine Vorliebe für Naturwissenschaften und Technik. In den 1960er-Jahren erlebte Deutschland eine Phase des wirtschaftlichen Aufbruchs, in deren Verlauf die Informatik an Bedeutung gewann. Schnell erkannte er in dieser Dynamik eine Chance, seine Begeisterung für logische Strukturen und die damals noch junge Datenverarbeitung in unternehmerische Bahnen zu lenken.

Ein wichtiger Meilenstein war 1969 die Gründung der Software AG in Darmstadt. Gemeinsam mit vier weiteren Mitstreitern wollte Schnell neuartige Lösungen entwickeln, um große Datenmengen effizient zu speichern und auszuwerten. Dass diese Idee einmal zur Keimzelle eines milliardenschweren Unternehmens werden würde, ahnte damals kaum jemand. Doch der technologische Erfindungsreichtum und der unbedingte Wille zum Erfolg sollten die Software AG zu einem der wichtigsten Softwarehäuser in Europa machen.

Geburtsstunde der Software AG

Die 1960er- und 1970er-Jahre waren vor allem für die Softwarebranche eine Zeit rasanter Veränderungen. Unternehmen auf der ganzen Welt suchten nach Möglichkeiten, Datenbank- und Prozessanwendungen im großen Stil zu etablieren. Schnell und sein Team erkannten, dass hier ein gigantisches Marktpotenzial lag. Anstatt sich jedoch auf bereits vorhandene Konzepte zu stützen, entwickelten sie eigene Ansätze für das damals noch weitgehend unerschlossene Feld der Datenbanksysteme.

Zu den frühen Erfolgen der Software AG zählt vor allem ADABAS (Adaptable Database System), ein leistungsstarkes Datenbanksystem, das in den 1970er-Jahren wegweisend für viele Unternehmen wurde. Als führender Architekt bei der Entwicklung dieses Systems setzte Schnell neue Standards für Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit. Durch ADABAS konnte die junge Firma rasch über die Grenzen Deutschlands hinaus expandieren. Internationale Großunternehmen nutzten die Software, um riesige Datenmengen zu verwalten, was der Software AG einen renommierten Platz im globalen IT-Markt sicherte.

Innovative Produkte und konsequente Weiterentwicklung

Der Erfolg mit ADABAS ebnete den Weg für weitere Innovationen. Eines der bedeutenden Beispiele ist NATURAL, eine Programmiersprache, die in Verbindung mit ADABAS eingesetzt wird. Mit NATURAL vereinfachte Schnell die Entwicklung und Wartung von Applikationen, was der Software AG einen weiteren Wachstumsschub gab.

Mitte der 1970er-Jahre galt das Darmstädter Unternehmen längst nicht mehr als kleiner Anbieter, sondern zählte zu den führenden Softwarehäusern Europas. Während andere IT-Firmen vor allem aus den USA dominierten, bot die Software AG eine hochwertige Alternative „made in Germany“. Peter Schnell blieb dabei nicht nur im Hintergrund: Er trat als visionärer Kopf des Unternehmens auf und vertrat seine technischen Überzeugungen vor Fachpublikum und Investoren gleichermaßen.

Peter Schnell ist weit mehr als ein Firmengründer

Peter Schnell war jedoch nicht nur in der Entwicklung von Software federführend. Er hatte eine klare Vorstellung davon, wie sein wirtschaftlicher Erfolg nachhaltig und gesellschaftlich sinnvoll investiert werden könnte. 1992 gründete er die Software AG – Stiftung, eine gemeinnützige Einrichtung mit Sitz in Darmstadt. Der Kerngedanke war, gemeinnützige Projekte in den Bereichen Soziales, Bildung und Gesundheit zu fördern.

Die Stiftung ist heute Mehrheitsaktionärin der Software AG, was ein bemerkenswertes Finanzierungsmodell für gemeinnützige Zwecke ermöglicht. Dividenden und Erträge aus der Unternehmensbeteiligung fließen in Stiftungsprojekte, die sich laut den Stiftungsstatuten an anthroposophischen Prinzipien orientieren und Menschen in vielfältigen Lebenslagen unterstützen. Damit hat Schnell frühzeitig ein Konzept verankert, das wirtschaftliche Stabilität mit einer fokussierten, langfristigen Förderung gemeinnütziger Anliegen verknüpft.

Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz

Für sein jahrelanges Engagement in Wirtschaft und Gesellschaft erhielt Peter Schnell im Jahr 2010 das Bundesverdienstkreuz. Das Bundespräsidialamt würdigte damit besonders den Umstand, dass Schnell den Großteil seines privaten Vermögens in die Software AG – Stiftung eingebracht hatte und so ein zukunftsweisendes Beispiel für Stiftungsarbeit in Deutschland geschaffen hat.

Diese Anerkennung ging weit über den IT-Sektor hinaus: Zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur nahmen Schöpfung und Erfolg der Stiftung zum Anlass, die Bedeutung sozialer Verantwortung im Unternehmertum hervorzuheben. Schnell zeigte damit, dass ein IT-Unternehmen nicht nur auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sein muss, sondern auch als Treiber für gesellschaftliche Entwicklung auftreten kann.

Werteorientierung und nachhaltige Wirkung

Die Arbeit der Software AG – Stiftung konzentriert sich vor allem auf konkrete Hilfsprojekte und Bildungsinitiativen. Ob Unterstützung für Menschen mit Behinderungen, Förderprogramme für Kinder und Jugendliche oder Forschungsprojekte in den Bereichen Natur- und Geisteswissenschaften: Die Stiftung verfolgt ein breites Spektrum an Förderungen, das auf ganzheitlicher Entwicklung beruht.

Für Peter Schnell ist dies weit mehr als ein Nebenprodukt ökonomischen Erfolgs. Es spiegelt eine tiefe Überzeugung wider, dass technologische Fortschritte und humane Werte einander bedingen. Seine Stiftung verkörpert das Ideal, Unternehmen als Teil der Gesellschaft zu betrachten, das innovative Lösungen nicht nur für den Markt, sondern auch für soziale Herausforderungen bietet.

Ein Vermächtnis für die deutsche IT-Branche

Heute ist die Software AG eines der größten und ältesten Softwarehäuser Europas. Ihr Gründer, Peter Schnell, hat sich weitgehend aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen. Doch sein Name bleibt untrennbar mit der Erfolgsgeschichte des Konzerns verbunden – und mit der Idee, dass kommerzieller Erfolg und gesellschaftliche Verantwortung Hand in Hand gehen können.

Das Lebenswerk des promovierten Informatikers zeigt: Wer Mut zu eigenen Konzepten, Ausdauer bei der Forschung und eine klare werteorientierte Vision aufbringt, kann die Welt der IT nachhaltig prägen. Durch seine Verdienste in der Datenbanktechnologie und seine innovative Stiftungsarbeit ist Peter Schnell für viele zum Vorbild geworden – und liefert ein starkes Beispiel dafür, wie aus technischen Erfindungen mehr erwachsen kann als nur wirtschaftlicher Profit.

Fazit

Peter Schnell gilt als eine der maßgeblichen Gründerfiguren der deutschen IT-Industrie. Seine bahnbrechenden Beiträge zu modernen Datenbanksystemen haben die Software AG in Darmstadt zu einem internationalen Schwergewicht gemacht. Die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz verdeutlicht, dass der Weg dieses Informatikpioniers weit über konventionelles Wirtschaften hinausreicht. Sein Wirken bleibt damit ein Vorbild für eine Branche, in der Fortschritt und Verantwortung oft nach Balance suchen – und die durch Menschen wie Peter Schnell lernt, dass beides sich nicht ausschließt, sondern gegenseitig beflügeln kann.

 

Melden Sie sich für den Newsletter an

Erhalten Sie jede Woche geballtes Wirtschaftswissen und News kostenfrei per E-Mail.

Weitere Artikel

Georg Nemetschek

Georg Nemetschek: vom Bauingenieur zum Software-Milliardär

Unternehmer, Deutschland
Torsten Toeller

Tierisch erfolgreich! Wie Torsten Toeller auf den Hund kam

Unternehmer, Deutschland
Günter Herz

Günter Herz: Tchibo-Erbe und erfolgreicher Investor

Unternehmer, Deutschland

Beliebteste Artikel

Steigende Bestattungskosten – Eine zunehmende finanzielle Belastung

News, Wirtschaft
Russland, Moskau: Von der Moskwa aus sind hinter der Brücke der Kreml und das Hochhaus- und Geschäftsviertel Moskwa City (Hintergrund) zu sehen.

Russland untersagt Verkauf von Raiffeisen-Tochter

Welt, News, Unternehmen, Wirtschaft
Als Nestlé-Europachef informierte Laurent Freixe (r) 2012 über das geplante Nestlé-Werk für Kaffekapseln in Schwerin, zusammen mit dem damaligen Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD, l)

Nestlé-CEO Mark Schneider tritt zurück

Wirtschaft, News, Unternehmen