Die 4-Tage-Woche ist ein aktuell häufig diskutiertes Thema: Während manche sie als Antwort auf Fachkräftemangel, Burnout und den Wunsch nach mehr Work-Life-Balance sehen, befürchten andere Produktivitätsverluste und höhere Kosten. Eines steht dabei fest: Das klassische Wirtschaftsmodell wird zunehmend in Frage gestellt, vor allem vor dem Hintergrund der Arbeitsverkürzung auf 4 Tage.
Einige Unternehmen denken daher bereits um und wenden experimentelle 4-Tage-Woche-Arbeitsmodelle an. Doch wie tragfähig ist das Konzept wirklich? Und wie wirkt es sich auf Wettbewerbsfähigkeit, Motivation und rechtliche Rahmenbedingungen aus?
Was bedeutet die 4-Tage-Woche konkret?
Die 4-Tage-Woche beschreibt ein neues Arbeitszeitmodell, bei dem die reguläre Arbeitszeit auf vier Wochentage verteilt wird. Dabei kann das Modell variiert werden, indem man in zwei verschiedene Varianten unterscheidet:
- verdichtete Wochenarbeitszeit: Die Stundenanzahl einer 5-Tage-Woche bleibt gleich und wird lediglich auf vier Tage verteilt.
- reduzierte Arbeitszeit: Die Mitarbeitenden haben eine 4-Tage-Woche mit weniger Arbeitsstunden – meist ohne oder mit nur leicht reduziertem Gehalt.
Beide Modelle stehen im Kontrast zur klassischen 5-Tage-Woche und gelten als attraktive Antwort auf die Forderung vieler Arbeitnehmer nach mehr Flexibilität und Lebensqualität.
Kommt die 4-Tage-Woche wirklich? – Entwicklungen & Pilotprojekte
Was utopisch klingt, beginnt vielerorts bereits langsam Realität zu werden: Die 4-Tage-Woche ist längst kein theoretisches Modell mehr, sondern wurde in verschiedenen Ländern erprobt – mit zum Teil erstaunlichen Ergebnissen. Dank verschiedener internationaler Pilotprojekte weiß man, dass eine verkürzte Arbeitswoche nicht zwangsläufig zu Produktivitätseinbußen führt. Auch in Deutschland wächst zunehmend das Interesse und die Nachfrage an der Einführung der 4-Tage-Woche – insbesondere bei Unternehmen, die um Fachkräfte werben oder neue, moderne Arbeitszeitmodelle testen wollen.
Internationale Pilotversuche im Überblick:
- Island (zwischen 2015 und 2019): In einem groß angelegten Versuch mit rund 2.500 Arbeitskräften wurde die Arbeitszeit von 40 Stunden auf 35 bis 36 Stunden pro Woche reduziert – bei vollem Gehalt. Das Ergebnis fiel positiv aus, denn die Produktivität blieb stabil oder stieg sogar leicht. Vor allem profitierte die Work-Life-Balance. Der Studienerfolg führte dazu, dass 86 % der Beschäftigten in Island einen Anspruch auf eine 4-Tage-Woche haben.
- Großbritannien (2022): 61 Unternehmen testeten ein halbes Jahr lang die 4-Tage-Arbeitswoche. Das Ergebnis: Fast alle der teilgenommenen Unternehmen wollen dauerhaft dabei bleiben. Die Mitarbeitenden berichteten von weniger Stress und Krankheitstagen sowie höherer Motivation.
- Belgien (seit 2022): Arbeitnehmer haben in Belgien gesetzlich das Recht, ihre reguläre Wochenarbeitszeit von 38 Stunden pro Woche auf vier Tage zu verteilen.
Deutschland: erste Praxisversuche und Studien
In Deutschland testeten bei einer Pilotstudie „The 4-Day-Week in Germany“ im Jahr 2023 und 2024 insgesamt 41 Unternehmen die 4-Tage-Woche im Rahmen eines Pilotprojekts unter wissenschaftlicher Begleitung der Universität Münster. Das Ergebnis: höheres Wohlbefinden der Arbeitnehmer, kaum Produktivitätsverluste, dafür eine bessere Gesundheit und Arbeitgeberbindung. Im Rahmen einer weiteren Studie der Hans-Böckler-Stiftung wurde eine Umfrage zum Thema 4-Tage-Woche durchgeführt. Das Ergebnis: 81 % der Vollzeitbeschäftigten wünschen sich das Modell einer verkürzten Woche – am liebsten bei vollem Lohnausgleich.
Trotz der erfolgreichen Studien mit positiven Ergebnissen ist die 4-Tage-Woche noch längst kein weltweiter Standard – bisher auch in Deutschland nicht. Mit Blick auf den Fachkräftemangel in Deutschland und die weiterhin düstere Prognose, könnte eine verkürzte Arbeitswoche eine attraktive Lösung darstellen.
4-Tage-Woche rechtlich betrachtet: Was ist erlaubt?
Die Einführung einer 4-Tage-Woche ist rechtlich möglich, in Deutschland allerdings an klare Vorgaben geknüpft. Laut Arbeitszeitgesetz sind pro Tag maximal zehn Stunden erlaubt, sofern im Schnitt acht Stunden pro Werktag innerhalb von sechs Monaten vorliegen. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen können zusätzliche Regelungen enthalten. Besonders wichtig: Der Betriebsrat muss bei Änderungen mitbestimmen. Ohne Tarifbindung haben Unternehmen mehr Flexibilität, müssen aber individuelle Arbeitsverträge anpassen.
Ob Arbeitszeitverkürzung oder Verdichtung: Beide Modelle sind möglich, solange gesetzliche Grenzen eingehalten werden. Eine klare, schriftliche Regelung ist für die rechtssichere Umsetzung der 4-Tage-Woche unerlässlich.

Vor- und Nachteile der 4-Tage-Woche: Mehr Zeit, mehr Zufriedenheit oder mehr Risiken?
Die 4 Tage Woche bringt zahlreiche Vorzüge mit sich – doch nicht für jeden. Gleichzeitig birgt sie auch verschiedene Herausforderungen.
4-Tage-Woche: Vorteile im Überblick
Studien und Pilotprojekte zeigen, dass kürzere Arbeitszeiten nicht zwangsläufig Produktivitätseinbußen bedeuten – im Gegenteil.
- Höhere Motivation und geringere Fehlzeiten
- Verbesserte Work-Life-Balance und mentale Gesundheit
- Steigende Arbeitgeberattraktivität im Wettbewerb um Fachkräfte
- Geringere Betriebskosten (z. B. Energie, Infrastruktur)
- Nachhaltigeres Arbeitsmodell
Richtig umgesetzt, kann die Einführung der 4-Tage-Woche ein echter Wettbewerbsvorteil im Hinblick auf die düstere Prognose des Fachkräftemangels in Deutschland sein – besonders in Branchen, die auf qualifizierte, engagierte Mitarbeitende angewiesen sind.
4-Tage-Woche: Nachteile im Überblick
So positiv und attraktiv die Vorteile auch sind: Nicht jede Branche oder Betriebsgröße kann das Konzept problemlos umsetzen.
- Höherer Leistungsdruck durch verdichtete Arbeitszeit
- Erreichbarkeitsprobleme bei reduzierten Öffnungszeiten
- Schwierige Umsetzung in Schicht- und Produktionsbetrieben
- Potenziell steigende Kosten bei Personalaufstockung
- Gefahr von Ungleichbehandlung zwischen Berufsgruppen
Die Vor- und Nachteile der 4-Tage-Woche müssen daher individuell von jedem Unternehmen selbst abgewogen werden. Besonders sollte geprüft werden, ob das Modell zu der betrieblichen Realität passt.
Das Arbeitszeitmodell der 4-Tage-Woche: ist es nachhaltiger?
Es handelt sich hierbei nicht um ein modernes Arbeitszeitmodell, das sich kurzzeitig im Trend befindet – es ist ein ernstzunehmender Impuls für die Arbeitswelt von morgen. Wägt man bei der 4-Tage-Woche Pro und Contra ab, kann sie äußerst vielversprechend sein: mehr Lebensqualität, gestärkte Mitarbeiterbindung und sogar wirtschaftlich sinnvoll. Allerdings birgt sie gleichzeitig Herausforderungen in der präzisen Planung und einer branchenspezifischen Umsetzung. Betriebe müssen abwägen, ob eine Arbeitszeitverkürzung auf 4 Tage oder eine Verdichtung praktikabel ist.
Klar ist: Die Diskussion um moderne Arbeitszeitmodelle wird weiter Fahrt aufnehmen. Wer rechtzeitig prüft, testet und gestaltet, kann sich auf dem Arbeitsmarkt aktuell einen Vorteil verschaffen – und stärkt seine Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig. Bleiben Sie mit dem Wirtschaft-Magazin stets über die laufenden Entwicklungen in unseren News oder unserem Ratgeber umfassend informiert.