Die aktuelle Vertex-Studie zu Steuer-Compliance zeigt ein überraschendes Bild: Von den befragten DACH-Unternehmen setzen gut zwei Drittel auf Mut zur Lücke. Steuerrisiken werden akzeptiert, weil man der Auffassung ist, die steigenden Anforderungen und rechtlichen Hürden in der Realität nicht umsetzen zu können. Dadurch werden erhebliche Auditrisiken aufgebaut und Sanktionen gegen das Unternehmen und verantwortliche Personen in Kauf genommen. 84 Prozent der befragten Führungskräfte sehen sich persönlichen Risiken ausgesetzt.
Für die internationale Vertex-Studie wurden Geschäftsführer und Führungskräfte aus 580 Unternehmen mit jährlichen Umsätzen zwischen 50 und 500 Millionen US-Dollar sowie mit mehr als 500 Millionen US-Dollar befragt. Neben Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden auch die Regionen Benelux, Nordics (Nordische Länder), Großbritannien und die USA untersucht. Im Fokus stand, wie Unternehmen mit den Anforderungen von indirekten Steuervorschriften und den damit verbundenen Risiken umgehen.
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Führungskräfte befürchten persönliche Risiken bei Verletzungen der Steuer-Compliance
Dabei zeigt sich: Weniger als ein Drittel der befragten DACH-Unternehmen hat ein verlässliches Management indirekter Steuern, die mit faktisch allen Geschäftstransaktionen verbunden sind. Dadurch sehen sich 84 Prozent der Führungskräfte persönlichen Risiken ausgesetzt, 31 Prozent sogar erheblichen. Bußgelder, Strafverfahren und persönliche berufliche Konsequenzen sind die Aspekte, die bei Verletzung indirekter Steuervorschriften am meisten befürchtet werden.
Aber auch die Geschäftsentwicklung wird beeinträchtigt, wenn das Management indirekter Steuern mangelhaft ist. So gaben 40 Prozent der befragten DACH-Unternehmen an, dass sie aus diesem Grund in bestimmten Regionen nicht geschäftlich tätig werden können.
Es gibt nur wenige Champions beim Management indirekter Steuern
Entsprechend fällt die eigene Einschätzung aus. Nicht mal ein Drittel (29 Prozent) der Führungskräfte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz stufen ihr Unternehmen als „Champion“ ein, das somit über ein zukunftssicheres Management indirekter Steuern verfügt. 39 Prozent sehen sich als „Calculators“, die mit einer guten Strategie ein kalkuliertes Risiko bei der indirekten Steuerfindung eingehen. Ein Drittel machen die „Risikobereiten“ und „Nachzügler“ aus – ein überraschend großer Anteil. Dabei ordnen sich 13 Prozent den Risikobereiten beziehungsweise Chancers zu – nach dem Motto: „Was ich nicht verstehe, kann ich nicht fürchten.“ Bei den „Nachzüglern beziehungsweise Crawlern“, die 19 Prozent ausmachen, wird die Geschäftstätigkeit insgesamt durch Schwierigkeiten bei der Ermittlung indirekter Steuern beeinträchtigt.Technische und strategische Faktoren treiben Compliance-Strategie
Diese bemerkenswerte Lässigkeit bei der Steuer-Compliance wird in naher Zukunft vor Herausforderungen gestellt. Die meisten Unternehmen treiben derzeit die Digitalisierung und damit die Automatisierung ihrer Finanzprozesse voran, nicht zuletzt durch die Umstellung auf SAP S/4HANA. Damit sind sie schon allein aus technischen Gründen gezwungen, das Thema „Umsatzsteuer“ ebenfalls auf die Agenda zu setzen, deren Ermittlung bei faktisch jeder Transaktion eine Rolle spielt. So ist es auch in der DACH-Region zumeist die Modernisierung der Unternehmenssysteme, die zu einem Umdenken in der Strategie der Steuer-Compliance führt. Dies gilt vor allem für die großen Unternehmen.An zweiter Stelle nennen Führungskräfte aus DACH die weltweit wachsende Zahl an Steuervorschriften als Grund, das Thema indirekte Steuern endlich grundlegend zu lösen. Das Ziel, einen ganzheitlichen Ansatz bei der Finanz-Compliance zu schaffen, ist der drittwichtigste Treiber, um die Steuerfindung zu modernisieren. Gleich dahinter folgt das wachsende Online- beziehungsweise digitale Geschäft, das zusätzliche Herausforderungen in der indirekten Steuerermittlung mit sich bringt.
Klar muss auch sein: Die geplante EU-Umsatzsteuerreform, genannt „VAT in the Digital Age“, wird Wirkung zeigen. Insbesondere lassen die künftigen Verpflichtungen zum Echtzeit-Reporting und e-Invoicing kaum noch Raum für halbgare indirekte Steuerermittlung in Unternehmen.
Die meisten befragten Unternehmen verletzen indirekte Steuervorschriften
Generell ist Steuer-Compliance ein brisantes Dauerthema. Die Hälfte der in der Vertex-Studie befragten Führungskräfte aus der DACH-Region gab an, dass sie mit Beanstandungen durch die Steuerbehörden zu tun hatte, bei einem Viertel war dies sehr oft der Fall. Bei 67 Prozent wurden durch interne Audits Fehler aufgedeckt, ein gutes Drittel war damit vielfach konfrontiert.
Kaum tröstlich ist, dass sich die DACH-Region etwas besser zeigt als der internationale Durchschnitt. Über alle untersuchten Regionen hinweg deckten bei 62 Prozent der Unternehmen die zuständigen Steuerbehörden Compliance-Verletzungen bei der Umsatzsteuerermittlung auf. Bei 75 Prozent kamen Fehler durch interne Audits zutage.
Finanzielle Konsequenzen durch Nicht-Einhaltung von indirekten Steuervorschriften musste mehr als die Hälfte der DACH-Unternehmen hinnehmen, international waren es durchschnittlich 75 Prozent.
Für korrekte Steuerfindung fehlt es an Kompetenzen und technischer Unterstützung
Über alle untersuchten Regionen hinweg ist es ein Mix aus vielen, fast gleichwertigen Aspekten, weshalb Unternehmen mit der Einhaltung indirekter Steuervorschriften hadern. In der DACH-Region sind es vor allem fehlende Kompetenzen (41 Prozent), gefolgt von mangelnder technologischer Unterstützung (36 Prozent) und Datenqualität (35 Prozent). Die Geschwindigkeit, mit der sich Steuervorschriften ändern und die generell unzureichende Digitalisierung im Unternehmen nennen jeweils ein Drittel der befragten Führungskräfte.- Frau Sabine Leitner
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