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Finanzierungsmodelle zum Infrastrukturausbau – Dadas Bayram im Interview

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© Dadas Bayram, Sales Director der suportica GmbH

Deutschland steht vor der schwierigen Herausforderung, die Energiewende effektiv voranzutreiben und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Eine modernisierte Netzinfrastruktur ist dabei nicht nur ein zentraler Faktor für die Erreichung der Klimaziele, sondern auch essenziell für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Bis 2030 sind Investitionen von rund 131 Milliarden Euro in die Übertragungsnetze und über 61 Milliarden Euro in die Verteilnetze erforderlich. Welche Finanzierungsmodelle können diesen enormen Kapitalbedarf decken – und wie lassen sich Investitionsrisiken effektiv minimieren? Diese und weitere Fragen beantwortet Dadas Bayram im folgenden Interview. Herr Bayram verfügt über Erfahrung in der Infrastrukturfinanzierung, arbeitet seit knapp drei Jahren in der Energiewirtschaft und war zuvor knapp zehn Jahre in der Finanzbranche tätig.
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Finanzierungsmodelle zum Infrastrukturausbau

Wie bewerten Sie den aktuellen Finanzierungsmarkt für Unternehmen in der Energiebranche im Hinblick auf den dringend notwendigen Infrastrukturausbau?

Der Finanzierungsmarkt für Energieunternehmen steht vor großen Herausforderungen, aber auch Chancen. Einerseits gibt es einen enormen Kapitalbedarf, insbesondere für Netzausbau, erneuerbare Energien und Speichertechnologien. Andererseits sehen wir eine hohe Investitionsbereitschaft von Banken, institutionellen Investoren und staatlichen Förderprogrammen. Steigende Zinsen und regulatorische Unsicherheiten erschweren jedoch den Zugang zu Kapital für einige Akteure, insbesondere für kleinere Stadtwerke oder innovative Start-ups.

Welche klassischen Finanzierungsformen sind hierfür aktuell besonders relevant?

Traditionelle Finanzierungsinstrumente wie Bankkredite, Unternehmensanleihen und staatlich geförderte Darlehen spielen nach wie vor eine zentrale Rolle. Auch Projektfinanzierungen, bei denen Investoren direkt in bestimmte Infrastrukturprojekte investieren, sind weiterhin weit verbreitet. Zusätzlich gewinnen Green Bonds und nachhaltige Finanzierungsmodelle an Bedeutung, da sie Investitionen in erneuerbare Energien und Infrastruktur mit klaren ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) verknüpfen.

Welche innovativen oder alternativen Finanzierungsmodelle könnten zusätzlich einen Beitrag leisten?

Es gibt mittlerweile einige spannende alternative Finanzierungsmodelle, die über die klassischen Wege hinausgehen und gerade für die Energiewirtschaft interessante Möglichkeiten bieten. Ein Beispiel sind Power Purchase Agreements (PPAs) – das sind langfristige Stromabnahmeverträge, die Investitionen in erneuerbare Energien absichern und für eine verlässliche Finanzierung sorgen.

Außerdem sehen wir einen wachsenden Trend zu Crowdfunding und Bürgerbeteiligungsmodellen. Hier können sowohl private als auch institutionelle Investoren direkt in lokale Energieprojekte investieren und so die Energiewende aktiv mitgestalten.

Ein weiterer innovativer Ansatz sind tokenisierte Finanzierungen und Blockchain-basierte Lösungen. Diese Technologien ermöglichen eine transparente und effiziente Kapitalbeschaffung, indem sie Investitionen digitalisieren und den Zugang zu Kapitalmärkten erleichtern.

Nicht zu vergessen sind Private Equity und Infrastruktur-Fonds, die immer stärker auf nachhaltige Energieprojekte setzen. Gerade institutionelle Investoren nutzen dabei oft spezialisierte Strukturen wie SICAVs, um gezielt in die Energieinfrastruktur zu investieren. Hierbei handelt es sich um offene Investmentgesellschaften, die es Anlegern ermöglichen, flexibel Anteile zu kaufen oder zurückzugeben, wodurch sie sich besonders für breit gestreute und dynamische Investitionen eignen.

Diese alternativen Finanzierungsmodelle bieten Unternehmen mehr Flexibilität und können helfen, die Transformation der Energiewirtschaft noch schneller voranzutreiben.

Wie kann die Politik den Finanzierungsrahmen verbessern, um den Infrastrukturausbau voranzutreiben?

Die Politik kann den Finanzierungsrahmen auf verschiedene Weise verbessern, um den Ausbau der Energieinfrastruktur gezielt voranzutreiben. Ein zentraler Punkt ist die Schaffung stabiler und langfristiger Förderbedingungen für erneuerbare Energien. Investoren brauchen Planungssicherheit, um große Projekte umzusetzen. Gleichzeitig sind steuerliche Anreize für nachhaltige Energieprojekte ein wichtiger Hebel, um private Investitionen zu stimulieren.

Darüber hinaus könnten bessere Kreditbedingungen und staatliche Garantien dazu beitragen, innovative Finanzierungsmodelle attraktiver zu machen. Viele Projekte scheitern nicht an der Idee, sondern an der Finanzierung – hier kann die Politik gezielt unterstützen. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Vereinfachung von Genehmigungsprozessen. Bürokratische Hürden verzögern Investitionen oft erheblich. Wenn wir den regulatorischen Rahmen effizienter gestalten, schaffen wir die Voraussetzungen für einen schnelleren und nachhaltigeren Infrastrukturausbau.

Welche Rolle spielen die Stadtwerke und Energieversorger bei der Finanzierung des Infrastrukturausbaus – und welche Chancen gibt es, ihre Strategien noch effektiver zu gestalten?

Stadtwerke und regionale Energieversorger sind zentrale Akteure beim Infrastrukturausbau, insbesondere im Bereich Netze und erneuerbare Energien. Als Verantwortliche für eine sichere und zuverlässige Versorgung mit Strom, Gas und Wärme müssen sie ihre Netzinfrastruktur kontinuierlich ausbauen und modernisieren, um den wachsenden Anforderungen der Energiewende gerecht zu werden. Damit diese Investitionen langfristig tragfähig bleiben, stehen ihnen verschiedene Finanzierungsansätze zur Verfügung, die eine effiziente und nachhaltige Umsetzung ermöglichen.

Ein wichtiger Hebel sind Kooperationen mit institutionellen Investoren wie Versicherungen oder Pensionsfonds, die großes Interesse an langfristigen, stabilen Anlagen haben. Auch die Emission von Projektanleihen oder besicherten Anleihen – beispielsweise in Form einer „Kommunalanleihe“ nach dem Vorbild der Bundesanleihe – könnte eine attraktive Möglichkeit sein, zusätzliches Kapital zu mobilisieren.

Darüber hinaus gewinnen die bereits genannten innovativen Finanzierungsinstrumente wie Bürgerbeteiligungsmodelle oder Power Purchase Agreements (PPAs) zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglichen nicht nur eine breitere Kapitalbasis, sondern binden auch die Bevölkerung aktiv in die Energiewende ein. Energieversorgung ist in vielen Bereichen ein lokales Thema. Warum also nicht als lokales Stadtwerk die Bürger*innen mit einbinden, die direkt davon profitieren?

Gleichzeitig können Stadtwerke auch PPAs nutzen, um neue Erzeugungsanlagen zu finanzieren, indem sie bereits vorab langfristige Abnahmeverträge mit Großabnehmern wie Industrieunternehmen, Rechenzentren oder öffentlichen Einrichtungen abschließen. Diese gesicherten Abnahmeverträge ermöglichen eine stabile Refinanzierung der Investition, da die zukünftigen Einnahmen planbar sind. Zusätzlich steigert dies die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes, denn Großabnehmer profitieren durch PPAs von gesicherten Strompreisen, was ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit stärkt.

Ein weiteres großes Potenzial liegt, wie bei so vielen anderen Themenfeldern auch, in der Digitalisierung. Durch digitale Technologien lassen sich Betriebskosten senken und Projekte wirtschaftlicher gestalten – sei es durch intelligente Netze, datengetriebene Prozessoptimierung oder automatisierte Steuerungssysteme.

Insgesamt gibt es also viele Möglichkeiten, den Infrastrukturausbau noch effizienter zu gestalten – entscheidend ist eine strategische Kombination aus klassischen und innovativen Finanzierungsformen sowie der intelligenten Nutzung digitaler Lösungen.

Finanzierungsmodelle zum Infrastrukturausbau

Welche Best Practices gibt es in Deutschland bereits für die erfolgreiche Finanzierung von Energieprojekten?

Deutschland hat in den letzten Jahren einige erfolgreiche Finanzierungsmodelle etabliert, die als Best Practices gelten können. Ein zentrales Beispiel ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Wind- und Solarprojekten gespielt hat. Durch garantierte Einspeisevergütungen und Ausschreibungsmodelle wurde der Ausbau erneuerbarer Energien massiv vorangetrieben.

Ein weiteres bewährtes Modell sind Bürgerwindparks und genossenschaftliche Strukturen. Diese bieten ermöglichen es Bürgerinnen und Bürgern, sich direkt an Energieprojekten zu beteiligen – sei es durch finanzielle Beiträge oder durch die Mitgestaltung auf lokaler Ebene. Dadurch entstehen nicht nur nachhaltige Projekte, sondern auch eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung.

Auch auf institutioneller Ebene gibt es spannende Finanzierungsinstrumente. Green Bonds, die von Energieversorgern und Städten ausgegeben werden, bieten eine nachhaltige Möglichkeit, Kapital für klimafreundliche Infrastrukturprojekte zu mobilisieren. Sie sind eine attraktive Anlageform für Investoren, die gezielt in nachhaltige Projekte investieren möchten.

Und nicht zuletzt spielt der Bereich Wasserstoffförderung eine immer größere Rolle. Durch gezielte Förderprogramme wird der Markteintritt neuer Technologien erleichtert, was insbesondere für die Sektorenkopplung und die Dekarbonisierung der Industrie von großer Bedeutung ist.

Insgesamt zeigt sich, dass Deutschland eine Vielzahl an innovativen und bewährten Finanzierungsansätzen nutzt, um den Ausbau der nachhaltigen Energieversorgung voranzutreiben.

Wie sehen Sie Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern in Sachen Infrastrukturfinanzierung und was können wir von anderen Ländern lernen, die ihre Energieinfrastruktur erfolgreich finanzieren?

Deutschland hat eine solide Finanzierungsbasis, aber es gibt natürlich Verbesserungspotenzial. Länder wie Dänemark oder die Niederlande sind Vorreiter bei öffentlichen-privaten Partnerschaften, um Infrastrukturprojekte effizient zu realisieren. Frankreich setzt verstärkt auf Green Bonds, um nachhaltige Projekte zu finanzieren. Skandinavien nutzt digitalisierte, dezentralisierte Finanzierungsmodelle, um Bürgerbeteiligung zu stärken. Diese Ansätze könnten auch für Deutschland wertvolle Impulse liefern.

Wie sieht die Zukunft der Finanzierungsmodelle in der Energiebranche aus ihrer Sicht aus
– was kommt als Nächstes?

Die Zukunft der Finanzierungsmodelle liegt in einer stärkeren Diversifizierung der Finanzierungsquellen, da Unternehmen zunehmend flexibel bleiben und wirtschaftliche Schwankungen abfedern müssen.

Traditionelle Finanzierungswege wie Bankkredite oder Eigenkapital werden durch innovative Modelle ergänzt, die neue Chancen eröffnen. Besonders wichtig wird die engere Verzahnung von Industrie, Politik und Bürger*innen sein, um Finanzierungslücken zu schließen und die Energiewende voranzutreiben.

In jedem Fall gilt: Wer langfristig erfolgreich sein will, sollte sich nicht allein auf traditionelle Wege verlassen, sondern eine passende Finanzierungsstrategie entwickeln, die klassische und innovative Ansätze kombiniert. Nur so lässt sich die Transformation der Branche effizient und nachhaltig gestalten.

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