Seit vielen Jahren schon weist die Giordano-Bruno-Stiftung darauf hin, wie sehr sich Islamismus und Rechtspopulismus gegenseitig bedingen und anheizen. Aus diesem Grund warnte der Philosoph und gbs-Vorsitzende Michael Schmidt-Salomon bereits auf der »1. Kritischen Islamkonferenz« (2008) davor, dass der unkritische Umgang mit dem »Politischen Islam« nicht nur zum Erstarken des Islamismus in Deutschland führen werde, sondern auch zum Erstarken des Rechtspopulismus.
In Schmidt-Salomons 2016 erschienenem Buch »Die Grenzen der Toleranz« heißt es dazu: "Wer etwas so Offenkundiges wie die Realität des Politischen Islam leugnet, wer wider alle Vernunft jeglichen Zusammenhang von Islam und Islamismus bestreitet, wer meint, man müsse bloß Terroristen bekämpfen, nicht aber die Ideologien, die sie zum Terror motivieren, der treibt die Wählerinnen und Wähler geradewegs in die Arme von Politikern, die ihre antiaufklärerischen Ziele unter dem Denkmantel einer »aufgeklärten Islamkritik« wunderbar verbergen können."
Falsche Anreize
Heute, acht Jahre nach der Veröffentlichung des Buchs, hat sich diese Prognose ebenso bewahrheitet wie Schmidt-Salomons Warnung vor der »Internationale der Nationalisten«, die mit einem "brandgefährlichen Mix aus nationalem Chauvinismus und reaktionären religiösen Werten" die »universellen Menschenrechte« untergräbt. "Jetzt rächt sich, dass die demokratischen Kräfte der identitären Zurichtung der Menschen auf bestimmte Gruppenzugehörigkeiten so wenig entgegengewirkt haben", meint der gbs-Vorsitzende. "Auch hierzulande wurden in dieser Hinsicht völlig falsche Anreize gesetzt. Statt den weltanschaulich neutralen Staat, die Prinzipien der offenen Gesellschaft und die individuellen Freiheitsrechte des Grundgesetzes zu betonen, hat die Politik alles Erdenkliche getan, um den religiösen, kulturellen oder politischen Borniertheiten bestimmter Gruppen entgegenzukommen."Beispiel Kinderrechte: "Kinder und Jugendliche werden noch immer als Träger einer Familienidentität wahrgenommen statt als eigenständige Individuen, die das Recht haben, ihr Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Mehr als 30 Jahre nach der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention hat es Deutschland noch immer nicht geschafft, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Mit dem »Gesetz zur Beschneidung des männlichen Kindes« (§ 1631d BGB) hat man den Eltern sogar das explizite Recht eingeräumt, die körperliche Unversehrtheit ihrer Söhne aus religiösen Gründen zu verletzen, was alles andere als eine Lappalie ist. Bei einer solchen Rechtslage muss man sich nicht darüber wundern, dass sich Islamisten in Deutschland ausgesprochen wohl fühlen!"
Beispiel Religionsunterricht: "Wenn in der Schule Klein-Eva von Katholiken (mit Segen des Vatikans) und Klein-Mehmet von Muslimen (mit Segen der Türkei) unterrichtet werden, entsteht keine weltanschauliche Vielfalt, sondern bloß potenzierte Einfalt. Die vornehmste Aufgabe des Staates sollte darin bestehen, Kinder und Jugendliche über wissenschaftliche Fakten wie die Evolution der Materie, des Lebens und der menschlichen Kultur aufzuklären, so dass sie die intellektuellen Beschränkungen ihrer Herkunftsfamilien überwinden können. Stattdessen werden sie jedoch mithilfe des Religionsunterrichts in künstlichen Filterblasen gehalten. Demgegenüber bräuchten wir heute ein für alle verbindliches philosophisches, religions- und weltanschauungskundliches Unterrichtsfach, in dem die Schülerinnen und Schüler nicht mehr nach den Präferenzen ihrer Herkunftsfamilien getrennt werden, sondern gemeinsam über die grundlegenden Werte des Zusammenlebens diskutieren können."
Zum Thema
Staatsanwälte als Handlanger islamischer Fundamentalisten
In der jüngeren Vergangenheit hat die Giordano-Bruno-Stiftung maßgeblich dazu beitragen, dass zwei freiheitsfeindliche Normen aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurden, nämlich Paragraf 217, der professionelle Freitodbegleitungen verbot und 2020 vom Bundesverfassungsgericht einkassiert wurde, sowie Paragraf 219a, der es Ärztinnen und Ärzten verbot, ihre Patientinnen über die Methoden des Schwangerschaftsabbruchs aufzuklären, was 2022 vom Deutschen Bundestag aufgehoben wurde. Im aktuellen Jahr hat sich die Stiftung für die Streichung des sogenannten »Gotteslästerungsparagrafen« 166 StGB stark gemacht, nach dessen Logik die überlebenden Mitglieder der »Charlie Hebdo«-Redaktion hätten verurteilt werden können, da ihre Zeichnungen islamistische Terroristen dazu animierten, den öffentlichen Frieden zu stören.
"Paragraf 166 StGB führt zu einer katastrophalen Umkehrung des Täter-Opfer-Prinzips!", sagt gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon. "Denn selbstverständlich wird der öffentliche Friede nicht durch Künstlerinnen und Künstler gestört, die auf dem Boden des Grundgesetzes Religionen satirisch aufs Korn nehmen, sondern durch religiöse Fanatiker, die es nicht gelernt haben, auf Kritik in angemessener Weise zu reagieren. Deshalb sollte § 166 StGB zum 10. Jahrestag des Anschlags auf Charlie Hebdo am 7. Januar 2025 Geschichte sein!"
Die deutsche Politik zeige sich zwar regelmäßig bestürzt, wenn Regimekritiker in islamischen Ländern wegen vermeintlicher Blasphemie hingerichtet werden. "Sehr viel glaubwürdiger wäre dies jedoch, wenn Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen würde!", meint Schmidt-Salomon. "Die Streichung des aus vordemokratischen Zeiten stammenden Paragrafen 166 StGB wäre schon allein deshalb notwendig, um zu verhindern, dass deutsche Staatsanwälte zu Handlangern islamischer Fundamentalisten werden. So erhielten unlängst drei Ex-Muslime Strafbefehle von 90 Tagessätzen, weil sie vor dem »Islamischen Zentrum Hamburg«, der fundamentalistischen Zentrale des iranischen Mullahregimes in Deutschland, demonstrierten und dabei Seiten aus einem Koran rissen."
Verurteilungen wie jene in Hamburg seien allerdings selten. Seine größte Wirkung entfalte der Blasphemieparagraf im juristischen Vorfeld, wie Schmidt-Salomon betont: "Paragraf 166 ist verantwortlich dafür, dass religionskritische Kommentare in den sozialen Medien gelöscht werden, da der Blasphemieparagraf explizit im »Netzwerkdurchsetzungsgesetz« aufgeführt wird. Die Betreiber der Plattformen sind daher bestrebt, alles zu entfernen, was islamischen Fundamentalisten übel aufstoßen könnte. So zum Beispiel ein Bild zweier küssender Männer vor dem Hintergrund der Kaaba, das als »antimuslimische Hassbotschaft« gedeutet wurde. Ich meine, dass ein solcher Zensurparagraf nicht ins 21. Jahrhundert gehört und dass es ein starkes Signal für die Freiheit wäre, wenn er aus dem Strafgesetzbuch verschwände!"
Abschreckung durch Freiheit
Dies erkannten vor einigen Jahren auch der heutige Justizminister Marco Buschmann und sein Parteivorsitzender, der heutige Bundesfinanzminister Christian Lindner. Mit Bezug auf die damalige Kampagne der Giordano-Bruno-Stiftung zur Abschaffung des »Gotteslästerungsparagrafen« schrieben die beiden FDP-Politiker in der »Deutschen Richterzeitung« (DRiZ 4/15, S. 122f.): "Wer die Freiheit der Meinung, der Kunst und der Presse einschränken will, dem sollten wir mit mehr und nicht mit weniger Freiheit antworten. Wem diese Botschaft wichtig ist, dem steht ein deutliches Symbol zur Verfügung: die Abschaffung des Blasphemie-Paragrafen 166 StGB. Denn das wäre ein unmissverständliches Signal für mehr Freiheit der Meinung, der Kunst und der Presse."
"Es wäre zu hoffen, dass sich Buschmann und Lindner an ihre Worte aus dem Jahr 2015 erinnern und entsprechend handeln", meint Schmidt-Salomon. "Denn das, was man als Oppositionspolitiker vernünftigerweise gefordert hat, sollte man umsetzen, wenn man Regierungsverantwortung übernommen hat. Jedenfalls wäre die Abschaffung des § 166 StGB ein innen- wie außenpolitisch klares Zeichen gegen die Einschüchterungsversuche religiöser Fundamentalisten."
Die Streichung des »Gotteslästerungsparagrafen« entspräche auch dem Konzept »Abschreckung durch Freiheit«, das Schmidt-Salomon 2016 in seinem Buch »Die Grenzen der Toleranz« skizziert hat. Zur Veranschaulichung spitzte er das Konzept auf einige wenige Kernsätze zu, mit denen der moderne Rechtsstaat potenziellen Einwanderern begegnen müsste: "Dies ist das Land, in dem Sie behaupten dürfen, die Erde sei erst vor 6000 Jahren erschaffen worden, in dem Ihre Kinder aber schon in der Grundschule die Tatsache der Evolution erfahren, damit sie nicht den gleichen Irrtümern aufsitzen! Dies ist das Land, in dem auch Kinder Rechte haben, die Sie nicht übergehen dürfen, in dem Sie es hinnehmen müssen, dass Männer und Frauen, Religiöse und Nichtreligiöse, Hetero-, Homo- und Transsexuelle gleichberechtigt sind, auch wenn Sie in Ihrer emotionalen und kognitiven Entwicklung womöglich so sehr geschädigt wurden, dass Sie diesen einfachen ethischen Gleichheitsgrundsatz nicht nachvollziehen können! Dies ist nicht zuletzt auch das Land, in dem Sie Ihre eigenen Sexualneurosen pflegen dürfen, solange Sie damit niemanden schädigen, in dem Ihre Kinder aber rechtzeitig aufgeklärt werden, damit sie die Chance haben, ein freies, selbstbestimmtes Leben zu führen!"
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